Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at |http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen.
^
> O ',
fioldsmiths Einfluss in Deutschland
im 18. Jahrhundert.
Inaugural-^isserfafion
zur
Erlangung der Doktorwürde
einer
hohen philosophischen Fakultät
der
"Ruprecht-Karls-UniversitSt zu j^eidelberg
vorgelegt von
Jfertha Soilas
aus Cambridge.
> •
■ I )K 3 -
}feldelb«r0.
Buchdruckerei von \{dir\ l^össler
1903.
■
B
M
H
■S'!:i: ^:*-
.^:?*' * •«.•
3*^05
i
.it
^#^:f^lipä?^|n«'J^|^^=l-^ .
'^sSM..
• -*■
i uc
I i
•^■*^rwF
UC-NRLF
B 3 Sb") fita
— aE — ' -
r '
/
>^
/
Einleitung.
Im September 1770, auf der Treppe des Gasthofes „zum
Geist" in Strassburg, trafen sich zufallig Herder und Goethe
zum ersten male. Aus dieser flüchtigen Begegnung entwickelte
sich zwischen dem jungen Studenten und dem an Jahren und
künstlerischer Reife überlegenen Kritiker ein lebhafter geistiger
Verkehr. Der anregenden Persönlichkeit Herders wurde es nicht
schwer, auf den empfänglichen Geist Goethes jenen Enthusias-
mus für die ihm am Herzen liegenden litterarischen Interessen
zu übertragen, der in dem dichterischen Schaffen des letzteren
noch lange nachwirken sollte. Auf diese Weise wurde die
Aufmerksamkeit Goethes auf die englische I^itteratur gelenkt,
und unter anderem auf den englischen Roman. Herder brachte
nach Strassburg die Uebersetzung eines Buches mit, das er
selbst als „eins der schönsten" bezeichnet „die in irgend einer
Sprache existieren" : Oliver Goldsmiths „Vicar of Wakefield".
Beseelt von dem Wunsche „sein Gutes anderen mitzuteilen",
dessen Ausführung ihm zu gleicher Zeit die Einsamkeit seines
Krankenzimmers erhellen sollte, las er es Goethe und Peglow
vor, indem er auf die künstlerischen Schönheiten des Werkes
hinwies.
Um die Stellung und Wirkung dieses Buches in Deutsch-
land zu verstehen, muss man bis in die vierziger Jahre zurück-
greifen. Die Beliebtheit der moralischen Wochenschriften war
zu jener Zeit schon im Abnehmen begriffen, um dem neuen
Einfluss des englischen Romans, welchem sie gewissermassen
den Weg gebahnt hatten, das Feld zu räumen. Auch die Ein-
führung des bürgerlichen Dramas, mit welcher Lessing etwas
später hervortrat, trug dazu bei, dem Familienroman in Deutsch-
land den Eingang zu erleichtern. Hierdurch wurde ein Inter-
esse für das RsujiiHeHieben; de^ Mittelstandes wachgerufen, und
Könige und Prinzessinnen behaupteten nicht mehr die Allein-
herrschaft.
In England, wo seit den Tagen Steeles und Addisons die
didaktische Richtung in der Litteratur geherrscht hatte, wurde
eine neue Periode mit dem Auftreten Richardsons eingeleitet.
In seinen Werken findet sich der Uebergang vom lychrhaften
zum Genialen. Für den bald nach Deutschland eindringenden
neuen Geist war er das am weitsten verbreitete und einfluss-
reichste Vorbild; wenn er vSich in seinem eignen Lande schon
eines ungemein grossen Leserkreises erfreute, hatte er hier wo-
möglich noch mehr Boden gewonnen. Seine Bedeutung be-
steht darin, dass er die intimsten seelischen Vorgänge des
Menschen mit feinstem Verständnis darzustellen vermag, wo-
bei noch das Ganze von einer beinah übertriebenen morali-
sierenden Tendenz durchdrungen ist. Die Reaktion gegen
dieses Unnatürlich-Tugendhafte von Richardson zeigt sich in
den Werken Fieldings, Smollets und Sternes, die stark rea-
listisch und humoristich gefärbt sind. Vielen ihrer deutschen
Nachahmer gelingt es, die Eigentümlichkeiten beider Richtungen
in ihren Werken zu verbinden.
Gellerts „Leben der schwedischen Gräfin von G.^ ist der erste
deutsche Roman, welcher unter dem Einfluss Richardsons ver-
fasst wurde. Es folgten die Werke von Miller und Sophie von
la Roche, während Hermes in gleichem Masse aus Richardson
und Fielding schöpft.
Die Herrschaft Richardsons, sowie die Reaktion gegen ihn
spiegeln sich in den Werken Wielands auf merkwürdige Weise
wieder: mit seinem Agathon, 1761 erschienen zeigt er sich als
Nachahmer Richardsons, aber schon 1764 hat er sich mit Don
Sylvio von Rosalva der Richtung Fieldings angeschlossen.
Schon vor ihm war Musäus mit einer direkten Parodie auf
Richardsons Stil hervorgetreten, nämlich der Grandison II. der
1760 erschien.
In England war es einem Schriftsteller vorbehalten, die
Empfindsamkeit Richardsons, den Humor und Realismus Fiel-
dings und Smollets zu vereinigen, und dabei in der Eigenart
seines Stils alle zu überragen — es war Oliver Goldsmith, der
mit seinem „Landprediger von Wakefield" ein in dieser Be-
ziehung einzig dastehendes Werk schuf.
— 7 —
Das in der Anschauung des britischen Publikums mit der
Persönlichkeit seines Verfassers eng verbundene Werk hat sich
in der Gunst seiner Nation einen Platz erobert, den es wohl
nie verlieren wird.
Goldsmith, der schwerfällige, empfindliche Irländer, bleibt
trotz dem Leichtsinn, trotz der Sorglosigkeit und der Unbe-
ständigkeit, wodurch er mit seinem Leben Schiftbruch litt,
doch mit seiner einfachen Freundlichheit, mit seiner Harm-
losigkeit, Bescheidenheit und Milde, eine der liebenswürdigsten
und rührendsten Gestalten in der englischen Litteratur.
„Dies Ding hat wohl hundert Fehler" schrieb er im Vor-
wort zum „Vikar", und es wäre leicht Unwahrscheinlickeit und
Inkonsequenz in der Geschichte aufzudecken ; aber diese Fehler
sind, wie die des Verfassers, meist äusserlicher Art, und ent-
springen derselben Quelle. Goldsmith war nicht der Mann
eine Fabel sorgfaltig zu motivieren und logisch auszuführen; ihm
war es leichter die Mängel nachher graziös zu entschuldigen.
Und in einem solchen Werke sind derartige Fehler auch nicht
von Bedeutung, trotz alledem bleibt es das vollkommenste Bild
des englischen Familienlebens, das wir besitzen. Die Atmos-
phäre; wie die Charaktere, sind lebenswahr, dabei ist das ganze
poetisch angehaucht, und in eine Sprache gekleidet wie sie
nur Goldsmith besass, klar, leicht dahinfliessend, melodisch und
anmutig; denn, wie Garrick sagte „er schrieb wie ein Engel".
Geselle man dieser Lebenswahrheit und diesem Stil noch
ein Element bei, den naiven Humor, der uns überall überrascht
und ergötzt, so hat man schon das Wesentliche beisammen,
um die Beliebtheit des „Vicars" zu erklären. Aber ein weiteres
Moment, welches beim ersten Erscheinen des Romans der
ausserordentlichen Wirksamkeit desselben beitrug, darf nicht
ausser Acht gelassen werden, nämlich, die Neuheit des Stoffes.
Denn die Idee, eine Landpfarre zum Mittelpunkt einer Erzäh-
lung zu machen, bleibt doch Goldsmiths Eigentum, wenn wir
auch freie Stoffentlehnung sonst überall zugestehen müssen, i)
Diese Idee weiss er geschickt auszuführen, indem er die
reinen Sitten des ländlichen Ortes in wirksamen Kontrast zu
den Lastern der Grosstadt stellt — wir sehen einen meister
lieh durchgeführten Gegensatz zwischen dem ruhigen Leben
1) Wüli Fischer, Goldsmiths Vicar of Wakefild, Anglia. 1902.
— 8 —
der Pfarrfamilie und der bewegten Handlung, die sich um die-
selbe her abspielt, und in die sie allmählich hineingezogen wird.
Die Art wie, durch die Kunst des Erzählers, das kleine Reich
dieser in engem Kreis sich bewegenden Menschen beständig
mit der grossen Welt in Berührung gebracht wird, erhält unser
Interesse stets rege. Mit Ausnahme von „Robinson Crusoe"
ist dieser englische Roman der einzige des 18. Jahrhunderts,
der vor dem Richterstuhl des modernen Geschmacks noch
Gnade findet; noch heutzutage wird der „lyandprediger" mit
Vergnügen gelesen, und das Verständnis für seine Schönheiten,
welche die damalige Welt entzückten, ist bis in die Jetztzeit
hinein kaum vermindert.
Der Einfluss dieses Werkes auf die deutsche Litteratur des
18. Jahrhunderts, der ebenso tief wie nachhaltig war. soll den
Gegenstand der vorliegenden Abhandlung bilden. Die anderen
Werke Goldsmiths mögen, in Bezug auf ihre Aufnahme in
Deutschland auch nicht ganz unerwähnt bleiben, denn es wäre
in der That schwer, ein einzelnes Werk von Goldsmith zu be-
handeln, ohne die anderen in Betracht zu ziehen, da dieselben
Ideen sich in allen seinen Schriften wiederholen.
Uebersetsungen des ^^Yiear of Wakefleld'^
Zu keiner Zeit war die Uebersetzungskunst von solch weit-
tragender Bedeutung in der deutschen Litteratur als im 18.
Jahrhundert. Der immer noch mächtig fliessende Strom von
XJebersetzungen aus dem Französischen erhielt. jetzt einen be-
trächtlichen Zufluss durch das Uebersetzen englischer Schrift-
steller, deren Beliebtheit in stetem Wachsen begriffen war.
Dieses war um so nötiger, da die Kenntnis der englischen
Sprache keine so verbreitete war, wie die der französischen.
Erst in den letzten Decennien des Jahrhunderts wurde diese
Kenntnis allgemein, und es begegnet uns dann nicht selten die
auffallende Erscheinung, dass englische Werke deutche Aus-
gaben in englischer Sprache erlebten. "^ "
Es ist nicht verwunderlich, dass das Verlangen des Publi-
kums nach Uebersetzungen aus dem Englischen, welches sich
zeitweilig ins Unmässige steigerte, auch schlechte Uebertrag-
ungen unbedeutender Werke hervorrief; schon Lessing prote-
— 9 —
stiert gegen diese überflüssigen Erscheinungen: „Was haben
Sie nicht schon alles übersetzt, und was werden Sie nicht noch
übersetzen!" i)
Die Uebersetzungen der grossen englischen Romandichter
kamen jedoch einem wirklichen Bedürfnis der Zeit entgegen:
„Dank" sagt Herder — „jedem guten Uebersetzer guter bri-
tischen Humoristen. Und wir wissen alle, wem wir in Deutsch-
land hierbei Dank zu sagen haben, dem Uebersetzer Yoriks,
Sterne, Fieldings, SmoUets, Goldsmiths, Cumberland u. f. Die
Bode'schen Uebersetzungen der empfindsamen Reisen, des
Tristram-Shandy, Thomas Jones, Humphrey Klinkers, des
Landpriesters von Wakefield, des Westindiers sind in aller
Händen." 2)
Bode war zu seiner Zeit als der beste Uebersetzer aus dem
englischen anerkannt. Er übertrug die Schriften von Moore,
Colman, Sterne und SmoUet, und den „Tom Jones" von Fiel-
ding. Zu gutem Glück kam auch der „Vicar", und zwar schon
vor dem „Tom Jones" in seine Hände^ und indem er einer
deutschen Bearbeitung den Glanz seines Namens lieh, ebnete
er dem Buche den Weg zu grösster Verbreitung. Diese Ueber-
setzung, welche 1776 erschien, ist die beliebteste des 18. Jahr-
hunderts gewesen, wie die vielen Auflagen und Nachdrucke
beweisen. Aber schon vor der seinigen war eine Uebersetzung
erschienen, welche dieser fast ebenbürtig war. Der „Vicar
of Wakefield" wurde am 27. März 1766 zu London veröffent-
licht (eine zweite Auflage im Mai, eine dritte im August). Ein
Jahr später erschien in Deutschland „Der Landprediger von
Wakefield, ein Märchen, das er selbst soll geschrieben haben.
Aus dem Englischen. Sperate miseri, cavete felices! „Leipzig
bei M. G. Weidmanns Erbe und Reich 1767"; Titel Vignette,
8®, Ss.. 302. Diese Uebersetzung ist von Joh. Gottfr. Gellius,
der auch Lillo und Sterne übertrug. Die Grundlage ist nicht
die erste englische Ausgabe vom 27. März, sondern eine der
späteren mit ihren Verbesserungen. Eine zweite Auflage er-
folgte, welche der ersten völlig gleich war. Fast ein Jahrzehnt
später wurde diese erste Uebersetzung durch die von Bode
verdrängt, welche unter dem Titel erschien, „Der Dorfpfarrer
1) Litteraturbriefe 2.
2) Saphan Bd. 17, S. 250, Briefe zu Beförderung der Hamanit&t.
— 10 —
von Wakefield. Eitle Geschichte, die er selbst geschrieben
haben soll. Von neuem verdeutscht: Leipzig, bei Weide-
manns Erben und Reich. 1776". Titelvignette und Kupfer-
stich von Chodowiecki, S^ Ss. XVI, 367; „der Hochgeborenen
Gräfinn Caritas Emilia, Gräfinn BernsdorfF, gebohrne von
Buchwald" gewidmet. Dieses ist die erste Ausgabe des Werkes,
welche Bilder enthält; in England selbst wurde es erst vier-
zehn Jahre später mit Illustrationen versehen. /Eine „zweite
verbesserte Auflage" dieser Ausgabe erschien 1777: in dem-
selben Jahre wurde ein genauer Abdruck der ersten Auflage
vom Jahre 1776 in der „Sammlung der besten neuern eng-
lischen Schriftsteller, 18. Band" veröffentlicht; „Der Dorf-
prediger von Wakefield. Eine Geschichte, die er selbst ge-
schrieben haben soll. Von neuem verdeutscht" Titelvig^nette,
Frankfurt und Höchst in der Gollnerischen Buchhandlung 1777/
(Neue von Bode übersetzte Ausgabe) 8^. 1780 erschien ein
zweiter Nachdruck „Frankfurt und Leipzig" (nach Jördens
Lexikon Bamberg) 8^; 1781 „Der Dorf prediger von Wakefield.
Eine Geschichte, die er selbst geschrieben haben soll. Von
neuem verdeuscht, 2. verbesserte Auflage. Hamburg und
Altona" (oder vielmehr „Tübingen" Jördens). Dieser schliesst
sich genau an die zweite Auflage von 1777 an. Noch eine
Auflage dieses Nachdrucks erschien im Jahre 1818. Vignette
und Titelkupfer von G. Endner.
Sowohl die erste von Gellius übersetzte Ausgabe, wie auch
die zweite von Bode sind treue, doch keineswegs wörtliche
Uebertragungen. Die Uebersetzung von Bode ist vielleicht
etwas freier und mehr dem deutschen Sprachgebrauch ange-
passt als die von Gellius. Einzelne Redewendungen werden
von den beiden häufig anders gegeben ; aber wenn man in be-
stimmten Fällen dem einen oder dem anderen den Vorzug
geben darf, so wäre es im Ganzen doch schwer zu unter-
scheiden, auf welcher Seite das grössere Verdienst liegt. Einen
scharf ausgeprägten Stil muss man beiden absprechen. Als
Beispiel dürfte folgende Stelle dienen. Im Original lautet es:
„As we lived near the road, we often had the traveller or
stranger visit us, to taste our gooseberry wine for which we
had great reputation; and I profess, with the veracity of an
historian, that I never knew one of them find fault with it-
Our Cousins too, even to the fortieth remove, all remembered
— 11 —
their affinity, without any help from the herald's office, and very
frequently, came to see us. Some of them did us no great
honouf by these Claims of kindred, as we had the blind, the
maimed and the halt among the number.''
In der ersten Uebersetzung lautet diese Stelle folgender-
massen: „Da wir nahe an der Strasse wohnten, hatten wir oft
Besuch von Reisenden oder Fremden, die unseren Johannis-
beerwein kosten wollten, wegen dessen wir in grossem Rufe
waren ; und ich betheure es mit der Wahrhaftigkeit eines Ge-
schichtsschreibers, ich habe keinen einzigen gefunden, deretwäs
daran auszusetzen gehabt hätte. Auch unsere Vettern, sogar
die bis in den vierzigsten Grad, erinnerten sich alle ihrer Ver-
wandtschaft, ohne dass sie einer Nachfrage im Heroldsamte
be4ttrft hätten, und kamen oft, uns zu besuchen. Zwar machten
uns einige davon keine grosse Ehre durch ihren Anspruch auf
die Verwandtschaft; denn es waren unter der Anzahl manche
räudige Schafe.''
In der zweiten Uebersetzung wird die Stelle so wieder-
gegeben: „Wir wohnten so nahe an der Landstrasse, dass wir
oft von Fremden und Reisenden besucht wurden, um unseren
Johannisbeerwein zu kosten, weswegen wir weit und breit be-
kannt waren; und ich gestehe es, mit der Wahrheitsliebe eines
Geschichtsschreibers, dass ich keinen darunter wüsste, dem er
nicht gut geschmeckt hätte. Auch unsere Vettern und Ver-
wandten, bis über das siebente oder Nägelglied hinaus,
waren ihrer Beysippe eingedenk, ohne sich durch Trau- oder
Taufscheine daran erinnern zu lassen, und kamen oft zum Be-
such zu uns. Einige darunter machten uns durch ihre Sip-
schaft freylich nicht viel Ehre, weil Blinde, Lahme und Krüppel
unter der Anzahl waren."
In der ersten Uebersetzung steht der Name Goldsmith nicht ;
in der zweiten ist die Einleitung „Olver Goldsmith" unter-
zeichnet.
Zwischen dem englischen Original und Bode's Uebersetzung
bestehen keine wichtigen Unterschiede ; wo aber Bode geändert
hat, da geschieht es aus verschiedenen Gründen ; entweder um
den englischen Text deutschen lycsern verständlicher zu machen,
und in besserem Idiom wiederzugeben, oder auch seltener aus
Missverständnis des englischen.
— 12 —
Ein paar Beispiele dürften genügen :
Kap. V. heisst es im Original : „while one played, the other
would sing some soothing ballad, Johnny Armstrong's Last
Goodnight, or the Cruelty of Barbara Allen."
„Derweile der eine spielte, sang der andere ein wackres
altes Iviedlein dazu, als „stürmt, reisst, und rast ihr Unglücks-
winde", oder „von allem was man schönes weiss" u. s. w.
Diese sind wohl die Anfangszeilen der deutschen Uebersetz-
ungen. Kap. VI. „He sung us old songs, and gave the chil-
dren the stor>' of the Bück of Beverland, with the history of
Patient Grizzel, the adventures of Catskin, and then fair Rosa-
mond^s bower".
Gellius hat an Stelle dieser Geschichtchen die deutschen
Sagen vom gehörnten Siegfried, von dem Ritter Peter mit den
silbernen Schlüsseln, und von der schönen Melusine ; Bode lässt
sie ganz weg, — „er sang uns ein altes Volkslied ; dann erzählte
er den Kindern allerlei kleine Geschichten, worin aber weder
Gespenster noch Hexen oder Riesen vorkamen." Hier war der
Anlass zur Aenderung wohl ein doppelter; die englischen Ge-
schichten waren in Deutschland unbekannt, und die Gelegen-
heit, eine moralisierende Tendenz hineinzubringen, wollte Bode
sich nicht entgehen lassen. Letzterer Grund scheint auch bei
der Wiedergabe anderer Stellen gewirkt zu haben; z. B. Kap.
VII. „It may also be conjectured that my wife and daugh-
ters expanded their gayest plumage upon this occasion".
Gellius „ . . . Es lässt sich ferner vermuthen, dass meine
Frau und die Töchter bei dieser Gelegenheit ihre buntesten
Gefieder werden aufgelegt haben". Bode „ . . . ihre buntesten
Federn in die Sonne breiteten", wo er wohl absichtlich miss-
verstanden hat, um in einer Anmerkung eine satirische Be-
merkung über den Federkopfputz der deutschen Frauen zu
machen.
An einer Stelle hat Bode eine systematische Aenderung
im Stil gemacht; die Aeusserungen des Schauspielers nämlich,
im Gespräch mit dem Vicar (Kap. XVIII.) die im englischen
einfach und direkt sind, giebt er mit grossem Schwulst und
unnötiger Wortfülle wieder, wahrscheinlich als Satire auf die
damalige Bühnensprache; z. B.: „I fancy, Sir, „cried the player
few of our modern dramatists would think themselves much
honoured by being compared to the writers you mention".
— 13 —
jHochbelobter Herr*, deklamierte der Schauspieler, ,es
möchten deren von unserem heutigen neuern dramaturgischen
Autoren, nach meiner ehrerbietigsten Meinung, wohl nicht
viele, sondern hingegen recht sehr wenige anzutreffen und zu
finden seyn, welche es dermalen für keine besondere Ehre
halten und aufnehmen möchten, woferne man solche mit be-
sagten ruhmvoll benannten komischen Schriftstellern ver-
gleichen thun wollte'.
Kleine Missverständnisse oder Nachlässigkeiten kommen
nicht selten vor; Kap. XVII ^the dying swain*', Gellius ^den
sterbenden Schäfer", Bode, ^Das I/ied vom sterbenden Schwan''.
Kap. XXI „Sign of the Harrow'', Gellius „Im Gasthof zur Egge*',
Bode „Im roten Sperling" u. s. w. Die Abweichungen Bode's
vom Original sind in keinem Fall aus der ersten Uebersetzung
entlehnt, und da Gellius in mehreren Fällen richtig übersetzt,
wo Bode missverstanden hat, so scheint es zweifelhaft, ob er
die erste Uebersetzung überhaupt zum Vergleich herangezogen
hat. Der Recensent im Teutschen Merkur (1776 Bd. IV) denkt
aber anders „allein zuweilen auch . . . hat er durch die Be-
mühung, alles anders als sein Vorgänger zu machen, und durch-
aus dem engländischen Ausdruck eine originelle teutsche
Wendung zu geben, dem Sinne seines Autors an Schärfe ver-
geben und den Gedanken durch allzuvieles Herumwerfen, Be-
handeln und Abrunden weniger hervorstechend gemacht".
Die Recension ist sonst sehr günstig; Bode wird aber un-
gerecht auf Kosten des ersten Uebersetzers gelobt: „Die liebens-
würdige Naivetät des Hauptcharakters, die der Uebersetzer bis
zum Geist und Ton der Stimme seinem Autor nachgefühlt, ist
aufs Glücklichste übertragen, und erscheint hier im voll-
kommenen lyicht. Die erste Uebersetzung war selten untreu,
und dem Englischer Wortfügungen kundigen Leser an nur
wenigen Orten unverständlich. Allein im Ganzen war sie un-
teutsch, steif und höchst unlenksam. Herr Bode hat, so wie
im Tristan, hier alles der lebendigen Sprache des Umgangs und
der mündlichen Erzählung näher gebracht, und durchaus ge-
zeigt, was unsere Sprache an mannigfaltiger Wendung und
Biegsamkeit unter den Händen eines Mannes von Talenten
vermag."
Die Uebersetzungen der kleinen Gedichte, die im Roman
vorkommen, nämlich die „Romanze", die „Elegie auf den Tod
— 14 —
eines tollen Hundes" und das kleine lyied von Olivie sind einer
besonderen Erwähnung wert. Sie sind die einzige Schwäche
der ersten Uebersetzung, wo sie in so nüchterne und platte
Prosa übertragen sind, dass sie fast komisch wirken.
Bei Bode ist die Uebersetzung der Romanze dem „Wands-
becker Boten'' No. 57, 58 vom Jahre 1775 entlehnt; die von
der Elegie und von Oliviens Lied sind wohl von Bode selbst;
beide sind frei in Versen übersetzt.
Auch Herder hat, wohl angeregt durch die schlechte Ueber-
tragung der ersten Ausgabe, von den beiden letzteren Ueber-
setzungen gemacht Oliviens Lied wurde in dem „Wands-
becker Boten" vom Jahre 1771, No. 168 unter der Ueberschrift
„Ein Iviedchen zur Laute** abgedruckt. Die Elegie steht im
, »Wandsbecker Boten" vom Jahre 1771, No. 173 unter der
Ueberschrift ,,Der gute Mann und der tolle Hund, eine rührende
Elegie aus dem Landpriester von Wakefield", und danach ab-
gedruckt im „Almanach der deutschen Musen" vom J. 1772.
S. 113.
Die Ausgaben und Uebersetzungen des „Vicar" werden
im 19. Jahrhundert immer zahlreicher ; es wird genügen, einige
der wichtigsten hier anzuführen.
Schon 1769 war der Roman in englischer Sprache er-
schienen; ,,The Vicar of Wakefield, a Tale, supposed to be
written by himself, a new Edition, Berlin. Printed for A. My-
lius 1769". 298 Seiten in 8«; im Jahre 1781 folgte die „first
Edition with accents. Halle: 1833 erschien „Der Dorfpfarrer zu
Wakefield. Ein Roman, in drei Sprachen mit Anmerkungen. Her-
ausgegeben von Dr. C. M. Winterling". 12 ^ Ss. X. 459. Diese Aus-
gabe enthält den englischen Originaltext, sowie Uebersetzungen
auf englisch und französisch, und fusst (Ziegert in den Berichten
des freien deutschen Hochstiftes zu Frankfurt am Main Bd. X
1894) auf Wagners Ausgabe, Marburg 1828, und auf die von
Walter Scott. Parallelstellen und Worterklärungen.
1833 erschien „Der Landprediger von Wakefield. Eine
Erzählung von Oliver Goldsmith. Aus dem Englischen über-
setzt durch Karl Eduard von der Oelsnitz". Eine 2. Auflage
folgt in demselben Jahre, eine 3. 1851, Brockhaus in Leipzig
80 Ss. XXXH; 232.
1836 Zweibrücken. Eine Uebersetzung von Fr. Kolb mit
einer Nachschrift und Erläuterungen.
— 15 —
1840. Eine Uebersetzung von A. Diezmann im Bd. 23 der
Klassischen Bibliothek der älteren Romandichter Englands.
6. Auflage mit fünf Stahlstichen von Eduard Staber (nach
einem englischen Illustrator)."
1841. Eine Uebersetzung von Ernst Susemihl 8^ S. 272.
Illustriert von Ludwig Richter. Die Holzschnitte sind teils von
E. Kretzschmar, teils von NichoUs graviert.
1866. Prachtausgabe, Berlin, mit englischem Text und
Uebersetzung von Susemihl. Porträt Goldsmiths. Einleitung
von Dr. Otto Roquette.
1868. Oliver Goldsmith, Landprediger von Wakefield.
Deutsch von Karl Eitner. Hildburghausen. Verlag des Biblio-
graphischen Instituts. S^ Ss. 219. In der Bibliothek auslän-
discher Klassiker.
1873. Leipzig 4. Auflage der Prachtausgabe. Illustriert
von Ludwig Richter und J. G. Füllhaus, mit einer biographisch-
kritischen und litterar-historischen Einleitung von Dr. O. Roquette.
Es giebt viele andre Auflagen dieser populären Version.
Die Uebersetzung von Dr. Friedrich Hörlek, die in der
Reclam'schen Bibliothek erschien, ist die jetzt am weitesten
verbreitete Version des Landpredigers.
Goldsmiths Einfluss in Deutschland.
Wir haben schon die Gründe erwähnt, welche die allge-
meine Beliebtheit des „Vicars" in England erklären. In
Deutschland treten zu diesen noch andere Ursachen hinzu,
welche in der hier besonders ausgeprägten leidenschaftlichen
Parteinahme des Lesepublikums für die eine oder andere
Richtung der englischen Schriftsteller des Tages . ihren Ur-
sprung hatten. Schon der Zeitpunkt seines Erscheinens war
einer begeisterten Aufnahme günstig, denn das Grandison-
Fieber hatte bereits nachgelassen, während Sterne, dessen Er-
folge die Popularität Richardsons in den Schatten stellten, von
Goldsmith so verschieden war, dass der letztere leicht seinen
Platz neben ihm behaupten konnte. Vor allem besass Gold-
smith den Vorteil eines weisen Masshaltens, eine Eigenschaft,
wodurch er sich einem Publikum besonders empfehlen musste,
welches bisher nur die Wahl zwischen dem übersentimentalen
^- 16 —
Richardson und dem gar zu krass realistischen Fielding ge-
habt hatte. Richardsons Charaktere waren eher künstlich con-
struierte Ideale als lebendige Menschen. Fieldings Gestalten
näherten sich schon viel mehr der Wirklichkeit, waren dabei
aber zu derb. Goldsmith vermied beide Extreme, das Ge-
suchte ebenso wie das Derbe. Das sentimentale und das rea-
listische Element halten einander in seinem Roman so genau
die Wage, dass keine litterarische Partei den Verfasser zu den
ihrigen zählen durfte.
Wenn der Roman durch seinen massvollen Stil allen
Kreisen sympathisch sein musste, so war er auch durch sein
Thema ganz dazu angethan, allgemeines Interesse hervorzu-
rufen. Für Deutschland wie für England stellte er die erste
litterarische Behandlung des I^ebens im ländlichen Pfarrhause
dar, welche auf Bedeutung Anspruch erheben konnte. In
Deutschland war der Boden für eine solche schon längst vor-
bereitet, denn seit den Tagen lyUthers war die Gestalt des
Landpfarrers stets eine beliebte gewesen. Auch die idyllische
Stimmung, die ruhige, rein subjektive, doch von aller
Schwärmerei freie Liebe zur Natur, und die einfache allge-
mein verständliche lycbensweisheit des Werkes konnten eine
Nation wie die deutsche, welche vo'n jeher zu ruhiger Be-
trachtung neigte, nur sympathisch berühren.
Schon aus der Zahl der Uebersetzungen lässt sich schliessen,
dass der ^ Vicar^ in Deutschland viel gelesen wurde ; und wenn
es noch eines Beweises für seine allgemeine Beliebtheit in den
weitesten Kreisen bedürfte, so wäre kein triftigerer anzuführen,
als die unzähligen Nachahmungen, welche das Werk ins Leben
rief. Nicht als ob alle Pfarromane der Zeit direkt auf den
Einfluss des „Vicars" zurückzuführen wären; er gab aber den
Anlass dazu, dass der Pfarrer eine so häufig auftretende und
allgemein beliebte litterarische Figur wurde. Die wichtigeren
unter den direkten Nachahmungen riefen dann auch ihrerseits
andere hervor, die oft wenig Aehnlichkeit mit dem ursprüng-
lichen Werke hatten, das den Ausgangspunkt der ganzen
Richtung bildete.
Goldsmith's Einfluss ist aber nicht auf Nachahmungen be-
schränkt, und dies ist zugleich in der allgemeinen Verständlich-
keit und in der Bedeutung seiner Werke begründet. Er war
ein Schriftsteller, der in seiner trotz aller dichterischen Eigen-
— 17 -
art schlichten, einfachen und anspruchslosen Kunst der Dar-
stellung dem grössten Geist etwas bieten konnte, ohne dem
beschränktesten unzugänglich zu sein. Es konnten daher seine
Ideen leicht Gemeingut werden, und in die litterarische Pro-
duktion der damaligen Zeit Eingang finden. So ist es wohl
erklärlich, dass wir seinen Charakteren, seinen Motiven und
seinen Gedanken sowohl in minderwertigen Nachahmungen,
als auch in Werken hervorragender Grössen begegnen.
Nachahmungen des ^^Tiear^^.
Der Pfarroman, wie er in den Nachahmungen des „Vicar''
erscheint, ist von seinem englischen Vorbild in mancher Hin-
sicht verschieden; im Spiegel des fremden Geistes hat er ein
anderes Gepräge erhalten.
Die Nachahmungen sind aber gerade dadurch interessant,
dass sie uns durch die Wahl der Motive, durch gewisse Ver-
änderungen des Stils, und durch eingefügte Zusätze zeigen,
was dem damaligen Geschmack am meisten gefiel, und in wie
weit Goldsmith demselben nicht Genüge that. Von diesem
Standpunkt aus haben sogar die Werke von Vielschreibern, die
nur auf den Kauf berechnet waren, eine Bedeutung, die ihnen
sonst nicht zukommt.
Wir werden sehen, dass man es oft für nötig hielt, ge-
rade jene Elemente einzuführen, welche Goldsmith in seinem
dichterischen Feingefühl zu vermeiden gewusst hat. Goldsmith
hielt es für Weisheit „innocently to amuse the Imagination in
this dream of life"; Hermes nahm als sein Motto: „lectorem
delectando pariterque monendo". Schon diese Thatsache
lässt uns von Hermes und seinesgleichen Werke ganz anderer
Art erwarten, als es die Goldsmith'schen waren. Bei Gold-
smith kommen selten moralisierende Stellen vor, die nicht
etwas zur Handlung beitragen; und selbst da, wo. er die Lehre
um ihrer selbst willen vorbringt, ist seine Art so anmutig, dass
man es ihm gern verzeiht. Aber im Durchschnittsroman der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Deutschland ist die
lehrhafte Tendenz einer der schlimmsten Fehler; man ist
darauf gefasst, ihr auch da zu begegnen, wo sie nicht durch
seitenlange Auseinandersetzungen zu klar zu Tage tritt.
2
— 18 —
Auch sonst vermochten die Nachahmer nicht Goldsmiths
künstlerisches Gleichgewicht zu beobachten; einige fallen ins
Sentimentale, andere ins Derbe, wieder andere zeigen eine un-
schöne Mischung von beiden.
Unter den Pfarromanen, die den Einfluss von Goldsmith's
„Vicar*' verraten, ist der „Sebaldus Nothanker" von Nicolai
(1776), eines der frühesten und wichtigsten. Bei den Werken
ist vieles gemeinsam : die Beschreibung des ländlichen I^ebens,
die Freude an demselben, und an den Kindern; das patriar-
chalische Verhältnis des Pfarrers zu seiner Gemeinde, seine
Freigebigkeit und seine persönliche Teilnahme an den lyciden
und Freuden seiner Pfarrkinder. Sowohl der Vicar, wie der
Sebaldus haben ein theologisches Steckenpferd; der Vicar er-
eifert sich in der Verteidigung der Monogamie, und der Sebal-
dus in der Auslegung der Apocalypse; aus ihren lyieblings-
theorien entspringt für beide die erste grosse Katastrophe ihres
lyebens.
Im ,,Sebaldus Nothanker*' haben wir die traurige Schilde-
rung von der Verlassenheit der Familie, welche trotz der
schwachen Gesundheit von Mutter und Tochter durch TufFelius
aus ihrem Hause ausgewiesen werden, und nun die Gastfreund-
schaft eines Bauern annehmen müssen. Dies erinnert an die
ähnliche Lage der Wakefieldschen Familie nach dem Brand,
und an die Grausamkeit, mit welcher sie ins Gefängnis geführt
werden, obgleich der Vikar selbst, wie auch die älteste Tochter
Olivie, schwer krank sind; — überhaupt scheinen die Nach-
ahmer an dieser rührenden Situation grossen Geschmack ge-
funden zu haben.
Die fast übertriebene Ergebung im Unglück ist für den
,, Vicar** und den „Sebaldus" gleich charakteristisch. Nur am
Anfang aber lassen sich die beiden Werke genau vergleichen;
mit jedem Schritte verliert sich die einfache Stimmung im
„Sebaldus'* und er wird immer mehr zum Tendenzroman.
Noch ein Zug bleibt zu erwähnen, den Nicolai dem „Vicar**
entnommen hat: das Lob der Unabhängigkeit. Im ,, Vicar**
heisst es 1) (Kap, 19) ,,Nun steht aber dem Besitzer angehäuften
Reichtums . . . kein anderes Mittel zu Gebote, seinen Ueber-
fluss zu verwenden, als Macht zu erkaufen, d. h. mit anderen
1) „Der Landprediger von Wakefield" in Reclam.
- 19 —
Worten, er macht andere von sich abhängig, in dem er die
Freiheit des Dürftigen oder Käuflichen erkauft, von Leuten,
die geneigt sind, des Brodes halber die Schmach der Tyrannei
zu ertragen . . . aber alle, die bereitwillig dazu sind, sich in
dem Wirbel eines grossen Mannes zu bewegen, sind nur solche,
die Sklaven sein müssen, der Abschaum der Menschheit, deren
Seelen und Erziehung für die Knechtschaft passen, die von der
Freiheit nur den Namen kennen,"
Die ähnliche Stelle im „Sebaldus" lautet: ,,Das unschätz-
bare Glück der Unabhängigkeit ist durch keine anderen Vor-
teile zu ersetzen. Man mag von dem reichsten Manne, ja,
selbst von dem eigenen Freunde abhängen, so fühlt man doch
die Fesseln . . . Wem das Schicksal die Unabhängigkeit ver-
sagt, der mache sich gefasst, einigen Rechten eines freige-
borenen Menschen zu entsagen" u. s. w.
Der „Landprediger" von Jakob Reinhold Lenz, der im
Jahre 1778 erschien, scheint noch stärker von „Sebaldus
Nothanker" als von Goldsmith's „Vicar" beeinflusst zu sein,
obschon der Verfasser am Ende des Romans Goldsmith in
folgender Weise erwähnt: „Wenn ich Versammlungen in
meinem Hause, jedesmal von einer andern Partei Bürger hatte,
um auf ihre Sitten und Geschmack zu wirken ... in diesem
bald etwas aus der Zeitung . . . bald aus einem guten Roman
von Goldsmith oder Fielding eine ihnen begreifliche Stelle
vorlese . . . ."
Wenn wir sehen, wie der Held Johannes und seine Frau
gelegentlich zur List ihre Zuflucht nehmen, um ihren Willen
durchzusetzen, so werden wir an den „Vicar" und Mrs. Prim-
rose erinnert. Sonst ist wenig Aehnlichkeit in der Behandlung
der Charaktere vorhanden, und die übertriebene Empfindsam-
keit, die bei Lenz vorkommt, ist dem „Vicar" gänzlich fremd.
Sechs Jahre früher als Nicolais „Sebaldus Nothanker" er-
schien ein anderes von Sophie von la Roche, einer Freundin
Goethes, verfasstes Werk, das gleichfalls den Einfluss Gold-
smiths zeigt. Es ist dies der Roman: „Geschichte des Fräu-
leins von Stemheim, von einer Freundin derselben aus Original-
papieren und anderen zuverlässigen Quellen gezogen. Heraus-
gegeben von C. M. Wieland. Carlsruhe bey Christian Gottlieb
Schmieder 1770. An D. F. G. R. B.« Dieses Werk wurde von
Goethe in den Frankfurter Gelehrten Anzeigen recensiert.
— 20 —
Der Charakter des Verführers Derby hat viel Aehiilichkeit
mit dem jungen Thornhill; beide wenden ihre Verführungs-
künste systematisch an vermittelst einer falschen Trauung.
Beide zeigen sich bald nach der Entführung unter ihren ge-
wöhnlichen Freunden wieder, damit der Verdacht nicht auf
sie falle, beide treiben ihre Verstellung so weit, dass sie mit
anderen darüber reden, wer der Verführer sein könne.
Das Fräulein von Stemheim wird, wie Olivie, in ein Gast-
haus geführt, und dort verlassen ; wie diese, wirft sie das Geld,
das ihr der falsche Liebhaber bietet, mit Abscheu weg; und
will sich gleichfalls nicht rächen.
Die Art, wie der Baron von Stemheim seinen Pfarrer be-
schreibt, und seine Ideen über zweckmässige Predigten für
den gemeinen Mann entwickelt, ist unverkennbar durch den
„Vicar" angeregt, „Es wäre sehr zu wünschen", sagt der Vikar
(Kap. XXVII), „dass die Gesetzgebung mehr auf Besserung als
auf Strenge bedacht wäre". Sternheim sagt in Bezug auf
Justizverwaltung «... ich werde versuchen, das Vertrauen
meiner Unterthanen zu erwerben . , . guter Rath, freund-
liche Ermahnung, auf Besserung, nicht auf Unter-
drückung abzielende Strafen sollen die Hülfsmittel dazu
sein".
Im Jahre 1780 erschien die „Geschichte eines Landpredigers
in Westfalen, wie sie im Gange des Lebens aufstösst". Berlin
und Leipzig bei Georg Jacob Decker. Der Roman ist mit
breitem Humor geschrieben, und hat mit Goldsmiths „Land-
prediger" wenig Aehnlichkeit. Nur ein Motiv ist der Erwähn-
ung wert : der Angriff des Schulzen auf den Prediger, und die
Verteidigung des letzteren durch die Bauern, denen er selbst
Einhalt gebietet.
Ein Schriftsteller, der Goldsmith sehr ausgenutzt hat, ist
August Lafontaine. In nicht weniger als vier von seinen
Romanen lässt sich dieser Einfluss verfolgen : „St. Julien" 1798,
„Das Leben eines armen Landpredigers" 1801, „Der arme
Pfarrerssohn", 1804. und „Die Pfarre an der See" 1816.
Ueber das erste dieser Werke hat sich Wilhelm Schlegel
in folgender Weise geäussert: „So viel ich weiss", sagt er,
„zieht selbst das Lafontainische Publikum seinen St. Julien dem
Fläming vor. Eben durch die Reminiscenzen ans dem Land-
priester von Wakefield bekommt er eine bedeutendere Physiog-
— 21 —
nomie. Die Striche, welche den Charakter ausdrücken sollen,
sind zwar etwas gröber gerathen, und auch nicht immer unter
sich zusammenhängend. Es war sehr möglich, dass ein Mann
wie der lyandprediger, sich mit allen seinen kleinen Schwächen
schilderte. Er hatte grade Ueberlegenheit genug, um mit
dem leisen Spott über sich selbst, der den Reiz jener Dar-
stellung ausmacht, das Gemälde zu entwerfen. Aber St. Julien
steht unter der Herrschaft einer Schwäche, die kein so freies
Geständnis verträgt, weder was die innere Wahrscheinlichkeit,
noch was die Wirkung betrifft. Die Furcht übermannt ihn,
nicht bis zur Thorheit allein, bis zur Niedrigkeit. Der Land-
priester giebt seine Frau für nichts anders als was sie ist;
St. Julien erklärt die seinige für die beste Frau für ihn in
ganz Frankreich. Alle die gemeinen Züge an ihr kann er
damit nicht adeln, wie es sein Bestreben ist. In ihrem Cha-
rakter sowohl wie in dem seinigen ist auf einer Seite das
Schlechte was da ist, zu schlecht, auf der andern das Resultat,
was herauskommen soll, zu hoch; daraus entsteht ein Miss-
verhältnis, woran sich die Unächtheit der Erfindung er-
kennen lässt."
Aus dieser Kritik ersieht man, dass Lafontaine meistens
in der Charakterzeichnung Goldsmith nachzuahmen bestrebt
ist; aber die feinen Andeutungen, und das halb unbewusste
Selbstbekenntnis des Vikars hat er nicht wiedergeben können.
Der Schauplatz ist auch ein anderer ; die Geschichte spielt sich
in den Zeiten der Revolution ab. Lafontaine hat seinen Stoff
in eine romantische Atmosphäre gerückt, welche an ein Walter
Scott'sches Milieu erinnert. Hierdurch aber büsst die Geschichte
die im „Vicar'* herrschende idyllische Stimmung völlig ein.
Der Ton des Werkes wird auch durch übertriebene Sentimen-
talität beeinträchtigt. Eine Wendung wie: „Alle waren in
Thränen aufgelöst und waren glücklich", ist bezeichnend für
den ganzen Roman.
,,Das Leben eines armen Landpredigers, herausgegeben
von August Lafontaine, Berlin 1801" ist noch stärker an den
„Vicar" angelehnt als „St. Julien". Der Humor des ,,Vicar*' ist
hier mehr oder weniger bewahrt, wenn seine Wirkung auch
wieder durch starke Beimischung von Sentimentalität ge-
schwächt wird. Dieser letztere Zug und die Art der Darstell-
ung der Charaktere, deren inneres Leben ausführlicher ge-
— 22 —
zeichnet ist als im ,,Vicar'*, weisen auf den Einfluss von
Richardson hin, dessen „Clarissa" an einer Stelle eine nicht
unbedeutende Rolle spielt. Die bewusste Nachahmung des
,,Vicars'* lässt sich meist in der ersten Hälfte des Werkes nach-
weisen, besonders von dem Punkt an, wo' das Leben der Pfarr-
familie beschrieben wird; in der zweiten Hälfte lenkt die Ge-
schichte wieder in andre Wege ein.
Der Landprediger Lafontaines ist eben so naiv und zu-
traulich wie der Vikar, und bildet sich auch dabei viel auf
seine Menschenkenntnis ein ; wie der Vikar glaubt er seine
Familie zu beherrschen, während er wirklich von derselben
beherrscht wird. Auch die äusseren Umstände sind bei den
beiden Familien ähnlich. Lafontaines Familie bringt ihre Tage
auf gleiche Weise wie die Wakefield'sche zu ; alle arbeiten am
Tage auf dem Felde oder im Garten, und ruhen abends in der
Laube aus.
Die Charaktere der beiden älteren Töchter unterscheiden
sich in ganz ähnlicher Art wie Olivie nnd Sophie, mit dem
Unterschied, dass hier die ältere Elisabeth, die nachgebende
y und bescheidene ist, Auguste, die jüngere, die heitere und
lebenslustige. Karl, der ältere Sohn, scheint den Charakter von
Moses und gewissermassen das Schicksal von Georg zu teilen.
„Sein Ernst, seine Majestät diente unsrer Auguste oft zum
Gegenstand ihres Lachens und ihrer Einfälle.*' Von der
Pedanterie des Moses hat er auch etwas abbekommen, während
dessen Gelehrsamkeit hier auf alle Kinder übertragen ist.
Die Beschreibung der Vorbereitungen zur Reise in die
Stadt klingt sehr an die verschiedenen Stellen im „Vicar" an,
wo Frau Primrose imd ihre Töchter es den Vornehmen gleich
thun wollen; und auch hier erscheint ihr Bemühen von Miss-
erfolg begleitet. „Ich selbst wunderte mich, als meine Frau
mir sagte: ,Sie hätte nur darum einen Aufschub der kleinen
Reise gewünscht, weil sie doch Zeit haben müsste, uns alle
ein wenig in Stand zu setzen, dass wir mit Ehren in dem
Hause eines reichen Mannes erscheinen könnten.* — ,Eines
reichen Mannes, wie dieser? Mutter, sind unsere Kinder nicht
reinlich gekleidet? . . . dass die Welt unsre Moden nach-
ahmen sollten, und wir nicht die ihrigen; davon bin ich
überzeugt.'" Hiermit vergleiche man die Bemerkungen des
Vikars, als seine Frau und Töchter am ersten Sonntag in
der neuen lyandpfarre in all' ihrem früheren Putz erscheinen:
„,Ihr mögt so nett sein, wie es Euch beliebt', unterbrach ich,
,und Ihr werdet mir nur um so lieber sein; aber dies alles ist
nicht Nettigkeit, sondern Flitterstaat . . . Ich weiss nicht, ob
solche Fülle von Besatz und Falbeln selbst für reiche Leute
passt, wenn wir bedenken, dass nach massigem Ueberschlage
die Blosse der Armut von den AusstaiFirungen der Eiteln be-
deckt werden könnte i)'".
Das Schicksal von Elisabeth gleicht anfangs dem der
Olivie; sie liebt einen Baron, der von einem Onkel abhängig
ist (hier ist aber der Neffe der gute, wenn auch leichtsinnige,
der Onkel der böse Charakter); ihre Wahl wird von ihrem
Vater wegen der Ungleichheit des Standes missbilligt, und er
sucht sie, wie der Vikar Olivie, zur Heirat mit einem Pächter
zu zwingen.
Das tragisch-ironische Kunstmittel, wodurch der Verfasser
seinen Helden sich auf sein Glück freuen lässt, ohne zu ahnen,
dass ihm ein neues Unglück bevorsteht, wird hier, wie zwei-
mal im „Vicar'' (beim Abbrennen des Pfarrhauses 2) und bei
der Verhaftung von Georg 3) bei der Abholung des Sohnes
zum Dienst angewandt. Georg soll nach Westindien, Karl geht
wirklich nach Madras; beide kommen durch die List eines
vornehmen Feindes in den Soldatenstand, und die Ursache
dazu ist bei beiden die Liebe zu einem Mädchen höheren
Standes, welches sie aber schliesslich heiraten.
Dieses Werk ist genauer an den ^Vicar" angelehnt, als
irgend ein andres des Jahrhunderts.
Die beiden anderen Pfarromane von Lafontaine sind Ge-
schichten, die mit dem Pfarrmotiv in nur loser Verbindung
stehen. In dem einen genügt es, dass der Vater des Helden
Landprediger ist, und in den ersten Seiten ein paarmal
auftritt, um demselben den Titel zu geben »Der arme
Pfarrerssohn, ein Seitenstück zum Leben eines armen Land-
predigers" *). Das Werk hat mit dem „armen Landprediger"
nichts gemein, und steht weit hinter ihm zurück. Nur ein
paar kleine Züge, kaum des Erwähnens wert, rühren von Gold-
smith her. Für die Einkünfte des Pfarrers, die vierzig Pfund
1) Kap. 4. 2) Kap. 22. 3) Kap. 28.
4) Erfurt bei Beyer und Maring, 1804.
^ 24 —
Sterling betragen, scheint diese Summe angesetzt in Erinnerung
an den Pfarrer im „Deserted Village**, welcher beschrieben
wird als „passing rieh with forty pounds a year''. Wie der
Vicar empfindet er trotz seines kleinen Einkommens seine
sechs Kinder nicht als eine Last, er ist vielmehr stolz auf die-
selben als vielversprechende und nutzbringende Bürger. Ein
Vers aus „Edwin and Angelina" wird auch citiert, mit Er-
wähnung von Goldsmiths Namen.
In der „Pfarre an der See** i) wird zwar die Genügsamkeit
und Stille des Lebens im ländlichen Pfarrhause als Ideal auf-
gestellt, aber im übrigen bewegt sich die Geschichte in einer
ganz anderen Sphäre. Dieser Titel scheint vom Verfasser in
der Absicht gewählt, um seinem Buche durch die Erwähnung
des Wortes „Pfarre" zur Popularität zu verhelfen.
„Das Pfarrhaus zu Remsdorf, oder der hohe Lohn der
Geduld, eine wahre Geschichte von M."^)^ hat nur entfernte
Aehnlichkeit mit dem „Vicar", welche besteht in der Wahl des
Themas, in der idyllischen Stimmung, und in der Geduld des
guten, durch eine Reihe von unglücklichen Familienereignissen
/ geprüften Pfarrers; aber der Humor des „Vicars" fehlt ganz.
Nur eine bestimmte Situation ist dem „Vicar" entlehnt, die
auch von anderen schon ausgenutzt worden ist: der Brand des
Pfarrhauses, und die freundliche Aufnahme des Pfarrers und
seiner Familie seitens der Gemeinde. In diesen Pfarromanen
giebt es selten einen Pfarrer, dessen Haus nicht abbrennt.
Ein andres Werk dieser Gattung: ,,Der Landpfarrer von
Schönberg" 3) von Stephanus Kunze, Verfasser des Helden-
gedichts „Heinrich der Löwe", ist vielleicht in Anlehnung an
den „Vicar" entstanden. Der leichte Humor, womit die Frau
lächerlich gemacht wird, erinnert daran, ebenso die Freude
des Pfarrers an der stattlichen Zahl seiner Kinder, und die
lyrischen Einlagen, die im Buche häufig vorkommen. Der
Verfasser war mit jenen litterarischen Erzeugnissen der Zeit,
in denen das Pfarrleben im Mittelpunkt steht, vertraut : „Unsere
Genügsamkeit und Entsagung mancher Bedürfnisse der neuern
Zeit machten uns ... so glücklich, dass Dichter und Roman-
1) HaUe in der Renger'schen Buchbandlang, 1816.
2) Hamburg bei Gottfr. Vollmer, 1807.
3) Quedlinburg und Leipzig 1819, bei Gottfr. Basse.
— 25 —
Schreiber — Voss, Wieland, Lafontaine, Göthe, IfFland und
andere, die Schilderung der häuslichen Tugenden, der Gemein-
nützigkeit, der Genügsamkeit, der Wohlthätigkeit und der reinen
unverdorbenen Sitten auf der Landpfarre verpflanzten''. An
die Stelle des naiven Philosophierens des goldsmithischen „Vicars"
tritt langweiliges Moralisieren, und praktisch-lehrhafte Aus-
einandersetzungen.
Die originellste von allen diesen Nachahmungen, welche
uns noch heutzutage belustigen könnte, ist „Des Pastors Liebes-
geschichte" von Fried. Laun^). Sie ist im fliessenden Stil ge-
schrieben, der von einfachem Humor durchdrungen fast so
anmutig wirkt wie der des „Vicars ;" in dieser Hinsicht ist
diese Nachahmung die einzige, welche dem „Vicar" zur Seite
zu stellen wäre.
Die Fabel ist ziemlich selbständig erfunden: ein Pfarrer
entschliesst sich, um der Armut abzuhelfen einen Roman zu
schreiben ; um aber einen zu schreiben, muss er einen erleben.
Auf einer zu diesem Zwecke unternommenen Wanderfahrt
gerät er nachts in ein einsames Haus, wo er einen Roman im
vollen Gang findet. Er wird natürlich in das Schicksal der
beteiligten Personen verwickelt, und gerät in allerlei Schwierig-
keiten, bis endlich alle Umstände gegen ihn sprechen, und er
verhaftet wird. Durch das Zeugnis eines niedrigen Menschen,
dem er geholfen hat, und der an die Figur des Jenkinson im
,,Vicar" erinnert, gelangt er wieder zur Freiheit. So originell
die Fabel im ganzen ist, so sind doch einzelne Züge dem
,,Vicar" entlehnt. Des Pfarrers Verhältnis zu seiner Frau,
obgleich viel zärtlicher wie das des Vikars zu der guten
Deborah, ist jedoch jenem ähnlich in Bezug auf die Angst,
welche er vor ihr empfindet, und welche der Dichter des eng-
lischen Romans mit so köstlichem Humor schildert. Der
Pastor wird von der Heldin seiner Liebesgeschichte beauftragt,
einen Ring zu verpfänden ; im Pfandhaus wird dieser von einigen
Fremden in die Hand genommen, und bewundert; als der
Pastor ihn wieder bekommt, ist er nicht mehr derselbe. Man
denkt sofort an den Vikar und Moses auf dem Jahrmarkt.
Die Schlussszene erinnert uns wieder lebhaft an unseren
„Vicar". Der Pastor und seine Frau sprechen zusammen von
ihrer Familie, die gleichfalls aus sechs Kindern besteht, und
1) Berlin in der Schüppcl'schcn Buchhandlung.
— 26 —
von denen die zwei kleinsten gegenwärtig sind. Zwei Töchter
sind verheiratet; der eine Sohn studiert, und von dem anderen
haben sie schon lange keine Nachricht. Hierbei lässt sich im
Nebenzimmer ein Geräusch hören, nnd der verlorene Sohn
erscheint. Die Trauung dieses Sohns erfolgt auf der Stelle.
Klärchen, seine Braut, ist, wie Arabella, aus höherer Familie.
Ihre Verwandten betreiben ihre Verheiratung mit einem Böse-
wicht (vgl. den jungen Thornhill); dieser wird noch rechtzeitig
entlarvt und stirbt bald darauf
Auch die Deputation aus dem Dorf, die ein gutes Wort
für ihren verhafteten Pastor einlegen will, erinnert an den
Versuch der ärmsten Pfarrkinder des Vikars, demselben zu Hülfe
zu kommen.
Ein Roman, der sowohl an Voss' i) „Luise" wie an den „Vicar"
erinnert, ist „Der Adjunktus des Pfarrers zu Friedau, ein Ge-
mälde nach dem Leben" von Gustav Jördens. Die Geschichte,
welche die glückliche Verheiratung der einzigen Tochter des
Pfarrers mit einem jungen Geistlichen erzählt, ist offenbar eine
Nachahmung der „Luise" Vossens; auch der Name Friedau
scheint nach Grünau gebildet zu sein. Das Milieu, obgleich
sehr an das idyllische Leben im ,,Vicar*' anklingend, könnte
auch ebensogut von Voss herrühren.
Ohne Datum erschienen ist „Die Pfarrfamilie von Kunsaden-
dorf, eine sehr verwickelte, und doch natürliche Geschichte'*. 2)
Das Werk hat viel Aehnlichkeit mit dem „Vicar". Es erzählt
die Geschichte des Pfarrers und seiner Familie, die aus vier
Töchtern besteht. Der Brand kommt auch hier vor, und die
Pfarr-Familie wird, wie überall, von den Bauern gepflegt.
Es wird vielleicht auffallen, dass unter diesen Nachahmungen
kein Werk von Hermes sich findet, da man annehmen konnte,
dass dieser Autor bei seiner besonderen Beanlagung einer Be-
einflussung durch Goldsmith leicht hätte zugänglich sein können.
Es lässt sich aber keine Spur davon auffinden, obgleich in
einem seiner Romane „Für Eltern und Ehlustige, eine Geschichte'*
1789, der Held ein Dorfpfarrer ist.
Ein Werk muss hier erwähnt werden, das man für eine
Nachahmung, und zwar eine sehr genaue des „Vicars" gehalten
1) Leipzig 1825, bei Christian Ernst EoUmann.
2) Leipzig, in Joachims Buchhandlung.
— 27 —
hat.O Dieses ist eine Novellette von Heinrich Zschokke,
„Blätter aus dem Tagebuche eines armen Pfarr -Vikars von
Wiltshire** 12 ^ Ss. 46. Die undeutlich gehaltene Vorrede, die
er seinem Werke beifügt, hat wohl diesem Irrtum Vorschub
geleistet. „Goldsmiths Vicar of Wakefield erschien das erste
Mal im Jahre 1772 (sie) in London gedruckt. Man erwähnt
dieses Umstandes, an welchen den wenigsten Ivcsern viel gelegen
sein mag, nur darum, weil es auch möglich ist, dass der Dichter
den ersten Gedanken zu seinem Roman aus dem British Magazine
von 1766 geschöpft hat, wo das Tagebuch, aber eigentlich nur
ein Bruchstück desselben von einem Vikar von Wiltshire ab-
gedruckt stand. Das British Magazine giebt dazu die Ver-
sicherung, dass die Echtheit des Bruchstücks unzweifelhaft,
und nichts davon erdichtet sei. Es ist unmöglich, diese Echt-
heit aus anderen als inneren Gründen zu beweisen. Die Leser
müssen sich gefallen lassen, das Bruchstück auf Treue und
Glauben hinzunehmen, vielleicht werden sie nur bedauern, dass
es Bruchstück ist. Vielleicht ist es auch das Wichtigste aus
dem Tagebuch und aus dem ganzen Lebenslaufe des guten
Vikars!" Neuere Forschung 2) hat erwiesen, dass diese Erzählung
im „British Magazine" Goldsmith selbst zum Verfasser hat, und
daher die erste Skizze zum „Vicar*' darstellt, welche von Zschokke
nachgeahmt worden ist.
„The Triumph of Benevolence, or the History of Francis
Wills", ein Buch, das in England ohne Angabe des Verfassers
erschien, wurde ins französische und deutsche übersetzt, und
in beiden Ländern mit dem Zusatz versehen, „von dem Ver-
fasser des Landpredigers von Wakefield", was nur als ein weiterer
Beweis für die Beliebtheit Goldsmiths dienen kann.
Von Nachahmungen des „Vicars" in dramatischer Form
ist nur eine erschienen : „Der Landprediger, ein Nachspiel von
Friedrich Eckardt 1778". 3) Dies ist ein kleiner Einakter, im
Rührstil geschrieben und fast ohne Inhalt. Die Pfarrfamilie
wird in der grössten Armut und Kümmernis dargestellt, und
1) Ziegert, Goldsmith's Eiaflnss in Deutschland, in den Berichten des
freien deutschen Hochstiftes zu Frankfurt a. Main, Bd. X 1894.
2) P. W. Arnes. The Supposed Source of the Vicar of Wakefield and ils
thieatment by Zschokke and Goldsmith.
3) „Sammlung neuer Originalstücke für das Deutsche Theater" 2. Band,
Berlin und Leipzig, bei Georg Jacob Decker.
— 28 —
erwartet jede Miuute die Zwangsversteigerung, als ein Lauf er
mit einem Geldgeschenk vom Konsistorialpräsidenten eintrifft.
Die ganze Situation erinnert an die der Wakefield'schen Familie
nach dem Brande, und im Gefängnis, ohne dass bestimmte
Züge nachzuweisen wären, allenfalls die Rolle der Kinder mit
ihren naiven Bemerkungen.
Eine Dramatisierung von Goldsmiths ,,Vicar*' erschien 1792
unter dem Titel „Der Dorfprediger, ein Schauspiel in fünf Auf-
zügen, nach dem englischen Roman: ,,Der Landpriester von
Wakefield**, von J. E. Jester*'. Man kann dieses Werk nicht
als gelungen bezeichnen ; denn das Idyllische, sowie der Humor
geht in der Bearbeitung ganz verloren, und nur die Intrigue,
die schwächste Seite des Romans bleibt übrig.
Eine Inhaltsangabe dieses Stückes wird hier auch aus dem
Grunde nicht unangebracht sein, weil durch das Hervorheben
der Abweichungen vom „Vicar" die Handlung dieses Werkes
mit skizziert wird.
Das Drama fängt mit der Reise des Moses auf den Jahr-
markt an, wozu ihn Mutter und Töchter ausrüsten. Als er fort
ist, unterhalten sich die lyctzteren über Herrn Burchell und seine
ihnen als egoistisch erscheinende Abmahnung von der beab-
sichtigten Reise der Mädchen nach London, bis der Vater er-
scheint und ein Mittagessen im Freien vorschlägt. Die Rede
fällt auf Herrn Thornhill : der Vikar missbilligt die Freundschaft
der Familie mit demselben aus Gründen des Standesunterschiedes.
Seine Frau verweist ihn auf die Güte des jungen Thornhill,
der ihnen einmal eine Summe von htmdert Pfund zum Ankauf
der Offizierstelle für den ältesten Sohn vorgeschossen hat —
also eine ganz andere Reihenfolge der Begebenheiten wie im
Roman — worauf Dr. Primrose erwidert : „Ich wollte, ich hätte
diese Hülfe nie angenommen. Sie ist mir als Schuldenlast und
als Wohlthat gleich drückend. Ich war thöricht genug, das für
Grossmut zu halten, was vielleicht aus ganz anderer Absicht
geschehen ist". Hierdurch wird der Vicar mit einem grösseren
Masse von Selbständigkeit und klarerer Einsicht ausgestattet,
als im englischen Vorbild; dabei aber verliert sein Charakter
den naiven Reiz.
Hier findet die Verhandlung zwischen Jekinson (sie) und
Doktor Primrose, die sich im Roman auf dem Jahrmarkte ab-
spielt, in der Pfarre selbst statt.
— 29 —
Der zweite Akt Beginnt mit der Ankunft des Moses vom
Jahrmarkt, und die Entdeckung des Betrugs, den man an ihm
begangen hat. Herr Thornhill kommt zum Thee an, wobei er
das anonyme Billet an seine beiden Freundinnen vorzeigt. So-
bald er fort ist, treten die beiden jüngsten Kinder ein, mit der
Brieftasche Burchells, worin eine Abschrift des Billets sich be-
findet. Gleich darauf kommt Burchell selbst, und während
seines Besuches stürzt Sophie schluchzend herein, und erzählt
die Entführung Oliviens. Fast zur gleichen Zeit bricht Feuer
im Pfarrhause aus. Dies ist vorher schon motiviert worden,
dadurch, dass Herr Thornhill kurz vor seinem Besuch einen
Falken geschossen hat, und der Pfarrer dazu bemerkt; „Was für
eine Unbesonnenheit! Mitten im Dorf! Unter Strohdächern!"
Aus einer Scene im 3ten Akt zwischen Olivie imd Herr
Thornhill geht hervor, dass Olivie hier ohne ihre Einwilligung
entführt worden ist. Der Pfarrer erscheint auf Thornhills
Schloss und wirft ihm seine Treulosigkeit vor ; Thornhill spielt
den Unschuldigen, lässt aber eine bessere Gesinnung durch-
schimmern.
Am Anfang des 4ten Aktes sehen wir die Pfarrfamilie
vor ihrem abgebrannten Haus sitzen oder schlafen. Ein Bauer
kommt und bietet dem Pfarrer ein Haus im nächsten Dorf an,
was er aber ausschlägt, da seine Pflicht ihm gebiete, bei seiner
Heerde zu bleiben. Thornhill erscheint, wird vom Anblick
des abgebrannten Dorfes ergriffen und giebt den Bauern Geld.
Olivie kommt hier allein zurück, und erzählt, dass sie von
Thornhill verführt, und von Burchell gerettet wurde — die
beiden Entführungen des Romans sind hier also zu einer ein-
zigen verschmolzen.
Die Rollen des Vikars und seiner Frau sind in sofern um-
getauscht, als der Doktor Olivien hart begegnet, die Mutter
aber für sie spricht. Nun tritt Sinkins auf und fordert die Be-
zahlung des Schuldbriefes; aber die Bauern umringen ihn und
die Gerichtsdiener und packen sie an. Als sie vom Pfarrer
einen Verweis bekommen, bieten sie ihm an, seine Schuld zu
bezahlen.
Im 5 ten Akt sitzt Dr. Primrose im Gefängnis. Er schliesst
Freundschaft mit Jekinson, aber die Bekehrung der anderen
Gefangenen bleibt ganz weg. Herr Burchell macht dem Doktor
einen Besuch, iind während er sich auf einen Augenblick ent-
— 30 —
fernt hat, entdeckt der Gefängniswärter dem Doktor den wahren
Stand desselben. Der Baronet Thornhill enthüllt jetzt die volle
Niederträchtigkeit seines Neffen; dieser erscheint nunmehr,
zeigt die äusserste Rene und erhält die Hand Oliviens, während
der Baronet Thornhill ihre Schwester heiratet.
In diesem Stück sind alle Charakter abgeschwächt und in*s
Sentimentale verschönert, eine Art von Uebermalung, die ihnen
viel von ihrer Individualität nimmt, und weit davon entfernt
ist, zu ihrer Wahrscheinlichkeit beizutragen.
Schon 1772 hatte J. K. Wezel die Romanze im „Vicar"
einem Gedichte zu Grunde gelegt ,, Filibert und Theodosia,
ein dramatisches Gedicht", I^eipzig 1772. S^. Da mir dieses
Werk nicht zugänglich war, muss ich auf eine Betrachtung
verzichten — es ist, allem Anschein nach nur ein äusserst
geringwertiges Produkt.
Nachdem wir uns bisher mit den blossen Nachahmungen
des ,,Vicars" beschäftigt haben, Arbeiten, welche nur von
litterarischem Werte sind, aber nicht auf dauerndes Interesse
Anspruch machen können, wenden wir uns der Betrachtung
desselben von Goldsmiths Einfluss zu, wie er uns auf den
Höhen der deutschen Ivitteratur sichtbar wird.
Ooldsmiths Einfluss auf die deutsehen Klassilien
Zu den grössten, die Goldsmith zu seinen Bewunderern
und Anhängern zählen darf, gehören Herder, Goethe und Voss.
Herder verbreitete in seinen theoretischen Werken Goldsmiths
Ruhm zuerst, aber die beiden anderen brachten in tiefgehender
Weise seinen Geist in ihren dichterischen Schöpfungen zur
Anschauung.
Die frühesten Erwähnungen Goldsmiths in der deutschen
Litteratur enthalten zwei Briefe Herders an seine Braut : (Nov.
1770) „Haben Sie den lyandpriester von Wakefield gelesen?
Ich lese ihn wohl jetzt zum viertenmale. Es ist eins der
schönsten Bücher, die in irgend einer Sprache existieren,
und sehr, sehr gut übersetzt! ... Es ist von der Seite der
lyaune, der Charaktere, des I^ehrreichen und Rührenden ein
rechtes Buch der Menschheit.**
^ 31 —
In dem folgenden Briefe sagt er wieder von dem Land-
priester: ,,Als Roman hat er viel Fehlerhaftes, als ein Buch
menschlicher Gesichter, Launen, Charaktere, und was am
schönsten ist, menschlicher Herzen und Herzenssprüche, will
ich für jede Seite so viel geben, als das Buch kostet !*'
In einem dritten Brief schickt Herder seine Uebersetzungen
der Lieder Goldsmiths an ^seine Braut. Auch von dem ,,Tra-
veller" und dem „Deserted Village'* hat er Uebersetzungen
gemacht.
Bei der vorwiegend kritischen Beanlagung von Herder
können wir, trotz der lebhaften, vom ,,Vicar** ausgehenden An-
regung kein selbständiges, von derselben Zeugnis ablegendes
Werk seines Geistes erwarten ; aber der tiefe Eindruck, den
Goldsmiths Werke auf ihn machten, lässt sich deutlieh an den
häufigen Erwähnungen und Citaten in seinen Schriften er-
kennen. Auch enthalten diese eine Reihe interessanter Aeusse-
rungen über die litterar-historische Stellung Goldsmiths in der
deutschen Litteratur. Zum Beispiel sagt er^): „Nun konnten
also nach und nach die drei glücklichen Romanhelden auf-
treten, Fielding, Richardson, Sterne, die zu ihrer Zeit Epoche
machten. So verschieden ihre Manier ist, so wenig schliessen
sie andere glückliche Formen aus, wie Smollets, Goldsmiths,
Cumberlands . . . zeigen."
Und noch einmal; „Young's Nachtgedanken, Tom Jones,
der lyandpriester haben in Deutschland Sekten gestiftet 2).*'
Den ,,Vicar" nennt er eine Volksschrift, eine von denen,
die das Volk erziehen, indem sie ihm ,,die lyieblingsgedanken
seiner Seele, die geheimen Freunde seines Herzens und seiner
Handlungsweise zu seiner Fortbildung gleichsam entwenden 3).'*
Goldsmiths Begriff eines lyandgeistlichen ist ihm schon zum
Ideal geworden:
„Ich kam in die Predigt eines einfältigen Landhirten ....
aber das Wenigste bei diesem Manne war Predigt. Handhabe
der Religion, Haushalt der Redlichkeit und des Gottesfriedens
in seiner "Gemeine, stilles erhabnes Muster der besten Stände
der Welt — weiss nicht, ob der Prediger des deserted Village
1) Suphan, Herders Werke Bd. 18, Briefe zur Beförderung der Humanität
S. 208. Brief 99.
2) Brief 113.
3) Suphan Bd. 16 S. 23.
— 32 —
Anburn sein Bruder sein mag; aber in Gemüth und Leben
völlig einerlei Züge!"
Es möge sich hier gleich die Schilderung der Einwirkung
des „Vicars" auf Goethe anreihen, da dieselbe in nächster Be-
ziehung zu Herder steht. Wohl allgemein bekannt sind die
Stellen, wo Goethe die Stunden schildert, die er im gemein-
samen Genuss des „Vicars" mit Herder verbrachte, doch sind
sie für eine richtige Schätzung des Verhältnisses Goethes zu
Goldsmith so wichtig, dass wir berechtigt sind, sie hier wieder
anzuführen : ,,Nun kam Herder .... kündigte uns „den Land-
priester von Wakefield*' als ein fürtrefFliches Werk an, von
dem er uns die deutsche Uebersetzung durch selbsteigne Vor-
lesung bekannt machen wolle.
Ein protestantischer Landgeistlicher ist vielleicht der schönste
Gegenstand einer modernen Idylle ; er erscheint, wie Melchisedek,
als Priester und König in einer Person. An den unschuldigsten
Zustand, der sich auf Erden denken lässt, an den des Acker-
mannes, ist er meistens durch gleiche Beschäftigung, sowie
durch gleiche Familienverhältnisse geknüpft ; er ist Vater, Haus-
herr, Landmann, und so vollkommen ein Glied der Gemeine.
Auf diesem reinen, schönen, irdischen Grunde ruht sein höherer
Beruf; ihm ist übergeben, die Menschen ins Leben zu führen,
für ihre geistige Erziehung zu sorgen, sie bei allen Haupt-
epochen ihres Daseins zu segnen, sie zu belehren, zu kräftigen,
zu trösten, und, wenn der Trost für die Gegenwart nicht aus-
reicht, die Hoffnung einer glücklicheren Zukunit heranzurufen
und zu verbürgen. J Denke man sich einen solchen Mann, mit
rein menschlichen Gesinnungen, stark genug, um unter keinen
Umständen davon zu weichen, und schon dadurch über die
Menge erhaben, von der man Reinheit und Festigkeit nicht er-
warten kann; gebe man ihm die zu seinem Amte nöthigen
Kenntnisse sowie eine heitere, gleiche Thätigkeit, welche sogar
leidenschaftlich ist, indem sie keinen Augenblick versäumt, das
Gute zu wirken — und man wird ihn wohl ausgestattet haben.
Zugleich aber füge man die nöthige Beschränktheit hinzu, dass
er nicht allein in einem kleinen Kreise verharren, sondern auch
allenfalls in einen kleineren übergehen möge ; man verleihe
ihm Gutmüthigkeit, Versöhnlichkeit, Standhaftigkeit, und was
sonst einem entschiedenen Charakter Löbliches hervorspringt,
und über dies Alles eine heitere Nachgiebigkeit und lächelnde
- S'S -
Duldung eigner und fremder Fehler: so hat man das Bild
unseres trefflichen Wakefield so ziemlich beisammen.
Die Darstellung dieses Charakters auf seinem Ivcbensgange
durch Freuden und Leiden, das immer wachsende Interesse der
Fabel durch Verbindung des ganz Natürlichen mit dem Sonderbaren
und Seltsamen macht diesen Roman zu einem der besten, die
je geschrieben worden, der noch überdies den grossen Vorzug
hat, dass er ganz sittlich, ja im reinen Sinne christlich ist, die
Belohnung des guten Willens, des Beharrens bei dem Rechten
darstellt, das unbedingte Zutrauen auf Gott bestätigt und den
endlichen Triumph des Guten über das Böse beglaubigt, und
dies alles ohne eine Spur von Frömmelei oder Pedantismus.
Vor beiden hatte den Verfasser der hohe Sinn bewahrt, der
sich hier durchgängig als Ironie zeigt, wodurch dieses Werkchen
uns ebenso weise als liebenswürdig entgegenkommen muss.
Der Verfasser, Doctor Goldsmith, hat ohne Frage grosse Ein-
sicht in die moralische Welt, in ihren Wert und in ihre Ge-
brechen; aber zugleich mag er nur dankbar anerkennen, dass
er ein Engländer ist, und die Vortheile, die ihm sein I^and,
seine Nation darbietet, hoch anrechnen. Die Familie, mit deren
Schilderung er sich beschäftigt, steht auf einer der letzten
Stufen des bürgerlichen Behagens, und doch kommt sie mit
dem Höchsten in Berührung; ihr enger Kreis, der sich noch
mehr verengt, greift durch den natürlichen und bürgerlichen
Lauf der Dinge in die grosse Welt mit eiiij^auf der reichen
bewegten Woge des englischen Lebens schwimmt dieser kleine
Kahn, und in Wohl und Wehe hat er Schaden oder Hilfe von
der ungeheuren Flotte zu erwarten, die um ihn hersegelt.
Ich kann voraussetzen, dass meine Leser dieses Werk
kennen und im Gedächtnis haben; wer es zuerst hier nennen
hört, sowie Der, welcher aufgeregt wird, es wieder zu lesen,
beide werden mir danken .... Gedachtes Werk hatte bei mir
einen grossen Eindruck zurückgelassen, von dem ich mir selbst
nicht Rechenschaft geben konnte; eigentlich fühlte ich mich
aber in Uebereinstimmung mit jener ironischen Gesinnung, die
sich über die Gegenstände, über Glück und Unglück, Gutes
und Böses, Tod und Leben erhebt, und so zum Besitz einer
wahrhaft poetischen Welt gelangt. Freilich konnte dieses nur
später bei mir zum Bewusstsein kommen, genug, es machte
mir den Augenblick viel zu schaffen; keineswegs aber hätte
3
— 34 —
ich erwartet, alsobald aus dieser fingirteii Welt in eine ähnliche
wirkliche versetzt zu werden.*' i)
Dass Goethe hier die Sesenheimer Familie im Sinn hat,
leuchtet ohne weiteres ein; es ist ebenso klar, dass in dieser
Hindeutung die Dichtung eine grössere Rolle spielt als die
Wahrheit, denn Goethe lernte den Landprediger kennen, erst
nach den Stunden seiner idyllischen Liebe zu Friederike; er
schildert jedoch die Familie so, als ob beim ersten Anblick
ihm die Aehnlichkeit der Verhältnisse aufgefallen wäre ; „Meine
Verwunderung war über allen Ausdruck, mich so ganz leib-
haftig in der Wakefield'schen Familie zu finden. Der Vater
konnte freilich nicht mit jenem trefflichen Manne verglichen
werden ; allein wo gäbe es auch Seinesgleichen ! Dagegen stellte
sich alle Würde, welche jenem Ehegatten eigen ist, hier in der
Gattin dar. Man konnte sie nicht ansehen, ohne sie zugleich
zu ehren und zu scheuen. Man bemerkte bei ihr die Folgen
einer guten Erziehung; ihr Betragen war ruhig, heiter, frei
und einladend.
Hatte die ältere Tochter nicht die gerühmte Schönheit
Oliviens, so war sie doch wohlgebaut, lebhaft und eher heftig ;
sie zeigte sich überall thätig und ging der Mutter in allem an
Händen. Friederiken an die Stelle von Primrosens Sophie zu
setzen, war nicht schwer; denn von Jener ist wenig gesagt,
man giebt nur zu, dass sie liebenswürdig sei; diese war es
wirklich. Wie nun dasselbe Geschäft, derselbe Zustand überall,
wo er vorkommen mag, ähnliche, wo nicht gleiche Wirkungen
hervorbringt, so kam auch hier manches zur Sprache, es ge-
schah gar manches, was in der Wakefield'schen Familie sich
auch schon ereignet hatte. Als nun aber gar zuletzt ein längst
angekündigter und von dem Vater mit Ungeduld erwarteter
jüngerer Sohn ins Zimmer sprang, und sich dreist zu uns setzte,
indem er von den Gästen wenig Notiz nahm, so enthielt ich
mich kaum auszurufen: „Moses, bist Du auch da!***^)
Noch einmal erwähnt Goethe Goldsmiths Einfluss in
,, Dichtung und Wahrheit*' und zwar in Anknüpfung an seine
Besprechung von „Werthers Leiden**: ,,ein kleines Gedicht,
welches wir in unsern engern Kreis mit Leidenschaft aufnahmen,
1) Dichtung und Wahrheit, 10. Buch Loeper Bd. II. S. 195.
2) „ „ „ 10. „ „ S. 202 u. 203.
— 35 —
liess uns von nun an nichts anderes mehr beachten. Das
Deserted Village von Goldsmith niusste Jedermann auf jener
Bildungsstufe höchlich zusagen. Nicht als lebendig oder wirk-
sam, sondern als ein vergangenes, verschwundenes Dasein ward
Alles das geschildert, was man so gern mit Augen sah, was
man liebte, schätzte, in der Gegenwart leidenschaftlich aufsuchte,
um jugendlich munter Theil daran zu nehmen. Fest- und
Feiertage auf dem lyande. Kirchweihen und Jahrmärkte, dabei
unter der Dorflinde erst die ernste Versammlung der Aeltesten,
verdrängt durch die heftige Tanzlust der Jüngern, und wohl
gar die Theilnahme gebildeter Stände. Wie schicklich erschienen
diese Vergnügungen, gemässigt durch einen braven Land-
geistlichen, der auch dasjenige, was allenfalls übergriff, was zu
Händeln und Zwist Anlass geben konnte, gleich zu schlichten
und abzuthun verstand.
Auch hier fanden wir unseren ehrlichen Wakefield wieder,
in seinem wohlbekanntem Kreise, aber nicht mehr wie er
leibte und lebte, sondern als Schatten zurückgerufen durch des
elegischen Dichters leise Klagetöne. Schon der Gedanke dieser
Darstellung ist einer der glücklichsten, sobald einmal der Vor-
satz gefasst ist, ein unschuldiges Vergangenes mit anmutiger
Trauer wieder heranzufordern. Und wie gelungen ist in
jedem Sinne ^em Engländer dieses gemütliche Vorhaben!
Ich theilte den Enthusiasmus für dieses allerliebste Gedicht mit
Gottern, dem die von uns beiden unternommene Uebersetzung
besser als mir geglückt ist; denn ich hatte allzu ängstlich die
zarte Bedeutsamkeit des Originals in unserer Sprache nachzu-
bilden getrachtet und war daher wohl mit einzelnen Stellen,
nicht aber mit dem Ganzen übereingekommen i)."
Dass diese Stellen in „Dichtung und Wahrheit" dem
„lyandprediger" in 1813 zu neuer Popularität verhalfen, geht
aus einem Brief von Zelter an Goethe hervor (d. 12. Febr. 1813).
„Den Ivandpriester hatte ich vor manchen Jahren englisch ge-
lesen und seit der Zeit den Priester und das Englische zu-
sammen vergessen. . . . Nun liegt die deutsche Uebersetzung
vor mir, und in den nächsten Tagen wird sie gelesen. Ich
konnte sie schwer erhalten, weil eben jetzt jeder sein Exem-
plar selber braucht."
1) Dichtung und Wahrheit, 12. Buch Loeper S. 93.
— 36 —
Ein Exemplar des „Deserted Village" schickt Goethe an
Kestner 1772 mit den Versen ,,Wenn einst nach überstandener
Lebensmüh und Schmerzen 0-**
1776 schreibt er an Frau von Stein: „ . . . . Der Vicar
of Wakefield ist heute von Leipzig ankommen, ich will ihn
geschwind hefften lassen und dann sollen, sie ihn haben . . . ."
und einige Tage später „ . . . . hier ist dei lyandprediger
lassen sie sich's recht wohl mit seyn, und lernen recht viel
englisch . . . ."
Ein wichtiges Bekenntnis enthält ein Brief an Zelter,
d. 25ten December 1829:
„In diesen Tagen kam mir von ungefähr der Landprediger
von Wakefield zu Händen, ich musste das Werklein vom An-
fang bis zu Ende wieder durchlesen, nicht wenig gerühit von
der lebhaften Erinnerung, wie viel ich dem Verfasser in den
siebziger Jahren schuldig geworden. Es wäre nicht nach-
zukommen, was Goldsmith und Sterne gerade im Hauptpunkte
der Entwicklung auf mich gewirkt haben. Diese hohe wohl-
wollende Ironie, diese Billigkeit bei aller Uebersicht, diese
Gleichheit bei allem Wechsel, und wie alle verwandte Tugenden
heissen mögen, erzogen mich aufs löblichste, und am Ende
sind es doch diese Gesinnungen, die uns von allen Irrschritten
des Ivcbens wieder zurückführen 2)/*
Noch stärker als Herder äussert er sich in einem Gespräch
mit Eckermann (d. 3ten Dec. 1824) über den allgemeinen Ein-
fluss Goldsmiths in Deutschland „ . . . . suchen Sie in der
lyiteratur einer so tüchtigen Nation wie die Engländer einen
Halt! Zudem ist ja unsere eigene lyiteratur grösstenteils aus
der ihrigen hergekommen. Unsere Romane, unsere Trauer-
spiele, woher haben wir sie denn, als von Goldsmith, Fielding
und Shakespeare 3)?** Und wieder (d. 16ten Dec. 1828) „Ich
bin Shakespeare, Sterne und Goldsmith unendliches schuldig
geworden."
Man sieht also, dass der Einfluss Goldsmiths bei Goethe
ein tiefer und dauernder gewesen ist: er lässt sich auch viel-
1) Dichtung und Wahrheit, Loeper Th. III. S. 344, Anmerkung.
2) Briefwechsel zwischen Göthe und Zelter, Berlin 1834 Bd. V. S. 349.
3) Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, von J. P.
Eckermann Bd. III.
— 37 —
fach in seinen Werken verfolgen. Parallelstellen und -Motive
sind in einem eingehenden Aufsatz von Siegmund I^evy^) zu-
sammengestellt ; noch einige führt Dr. Arthur Brandeis in einem
im Wiener Goethe-Verein gehaltenen Vortrag an, wobei er
gleichzeitig einen schön ausgeführten Ueberblick der Bezieh-
ungen Goethes zu Goldsmith giebt,
Nur die wichtigsten Resultate beider Forschungen sollen
hier kurz angeführt werden.
Schon Werther 2), wo der .,Vicar" als eines der Lieblings-
bücher lyottens erwähnt wird, kann einen Landprediger auf-
weisen, den Pfarrer von St. . , ., der mit mehreren Zügen des
Vicar von Wakefield ausgestattet ist, und der in einem ähn-
lichen idyllischen Milieu wohnt. Zu der melancholischen
Stimmung des Werkes haben, nach Goethes Geständnis die
beiden Gedichte „The Traveller" und „The Deserted Village*'
beigetragen.
Während in seinem ersten Roman die jugendliche Be-
geisterung Goethes sich auf diese Weise verrät, dürfen wir die
noch häufigeren Anklänge in seinem letzten, dem „Wilhelm
Meister", als einen praktischen Beweis seiner gereiften Würdi-
gung betrachten. In diesem lassen sich verschiedenartige
Reminiscenzen aus dem „Vicar'* entdecken i). Schon die Idee,
lyrische Gesänge einzuführen, stammt wohl aus Goldsmith her.
In beiden Romanen kommt eine wandernde Schauspieler-
truppe vor, die Gelegenheit dazu giebt, den Zustand des Theaters
zu besprechen 1) in Stellen, welche Aehnlichkeit mit einander
aufweisen. 2)
Wie der Vicar, i) so werden der Pedant (W. M. III, I, IV, I)
und der Harfner, für blosse Darsteller ihres eigenen Charakters
gehalten, ebenso wie der fremde Landgeistliche (II, 9). Bei
letzterem finden sich Züge, die auf Mr. Burchell zurückgehen.
Auch hat Goethe auffallend viele Ideen in genauer Ueber-
einstimmung von Goldsmith übernommen. Beispiele davoi^
sind 3): „Vicar**, Kap. 28, Ueberschrift, „To make laws complete
they should retard as well as punish*'. W. M. II, 4 „Ueberall
weiss man zu verbieten, zu hindern und abzulehnen; selten
1) Goethe und Oliver Goldsmith, Goethe- Jahrbuch VI.
2) Chronik des Wiener Goethe- Vereins 1898, Goethe und Goldsmith.
3) S. Levy, G.-J. VI.
- 38 —
aber zu gebieten, befördern und zu belohnen. Man lässt alles
in der Welt gehen, bis es schädlich wird, dann zürnt man und,
schlägt drein". ,,Vicar" (Vorbemerkung): ,,A book may be
amusing with numerous errors, or it may be very duU without
a Single absurdity", und Kap. 15: „as the reputation of books
is raised not by their freedom from defect but the greatness
of their beauties", so Goethe, „Sprüche in Prosa'' Nr. 119,
und Gespräch mit Eckermann, 11. März 1828: „Wir haben
in der Litteratur Poeten, die für sehr productiv gehalten
werden, weil von ihnen ein Band Gedichte nach dem andern
erschienen ist. Nach meinem Begriffe aber sind diese Leute
durchaus unproductiv zu nennen, denn was sie machten ist ohne
Leben und Dauer. Goldsmith dagegen hat so wenig Gedichte
gemacht, dass ihre Zahl nicht der Rede werth, allein dennoch
muss ich ihn als Poeten productiv erklären, und zwar eben
deswegen, weil das Wenige, was er machte, ein einwohnendes
Leben hat, das sich zu erhalten weiss.*
Das Kunstmittel des Verfassers, wodurch er Burchell sich
verraten lässt, indem er aus der dritten Person in die erste
fällt 1), (Vgl. Dichtung und Wahrheit Buch X, Loeper S. 198),
wird von Goethe in „Lilis Park" angewendet.
Auch Stellen im „Faust" klingen an den „Vicar" und an
„The Traveller'* und „The Deserted Village** an. Levy ver-
gleicht mit ,,Wer Recht behalten will, und hat nur eine Lunge,
behält's gwiss'' das ganze Verhalten der Mrs. Primrose im
3ten Kapitel, und „Deserted Village" v. 211; und Martha in
der Gartenscene erinnert ibn an Mrs. Primrose im lOten und
16ten Kapitel.
Zu „Faust" V. 2862 (Düntzer) stellt er „Traveller" vv. 49,
50, und zu Fausts zweitem Gespräch mit Mephisto, ,,Mein
Busen .... soll keinen Schmerzen künftig sich verschliessen*'
u. s. w., ,, Traveller'' vv. 101, 102, und v. 55 ff.; zu „Faust"
V. 5615 ff., und v. 6935 ff. (Fausts letzte Thätigkeit), „Traveller**
V. 281 (Holland). Goethes Aufsatz „Die Natur" 1780, und
„Sprüche in Prosa*' Nr. 61 ist mit „Traveller" v. 212 ff. zu ver-
gleichen.
Zu zwei Werken Goethes haben Gedichte Goldsmiths An-
lass gegeben: „Die Oper „Erwin und Elmire*' war aus Gold-
smiths liebenswürdiger, im ,,Iyandprediger von WakefieW ein-
1) „Vicar" Kap. 3.
--- 39 - -
gefügter Romanze entstanden, die uns in den besten Zeiten
vergnügt hatte, wo wir nicht ahneten, dass nns etwas ähnliches
bevorstehe i)** ; dasselbe Motiv hat Goethe später noch zweimal
behandelt in den Balladen „Der Müllerin Reue** (1797) und
„Wanderer und Pächterin** (1804) ; hier ist aber die Entlehnung
weniger direkt wie in der Oper.
Gqethe's „Wanderer** (1771) enthält die Grundidee von
Goldsmiths „Traveller**. Der Gegensatz von Natur und Kunst
in beiden Gedichten wird von Levy hervorgehoben ; unter seinen
angeführten Vergleichen findet sich auch der zwischen „Traveller**
v. 81 fF- und V. 159 fF. und der Stelle im „Wanderer**, „Natur,
Du ewig keimende**.
„Hermann und Dorothea** hat entschieden die ganze idyllische
Stimmung vom „Vicar**, und dem „Deserted Village**, der
Prediger ist sogar sichtbar nach Goldsmith'schem Vorbild ge-
zeichnet. Das Streben der Familie des L/andpredigers es den
Reichen nachzuthun, „Vicar** Kap. 10, 12, 24. Ueberschrift von
Kap. 10 „The Family endeavour to cope with their betters**,
entspricht der Stelle bei Goethe:
„Dem Reichen stets und dem Höhern wenig vermögend
Nachzuahmen gewohnt sind, besonders die Weiber und Mädchen**,
,,Der Ausspruch von Goethe*s Prediger" sagt Levy, „,Des
Todes rührendes Bild* u. s. w., wiegt die ganze Predigt auf,
welche der Vicar im 29sten Kap. über den verwandten Text:
*Die Ausgleichung im Leben nach dem Tode* hält.**
Einen weiteren Anlass zur Vergleichung findet Levy in
,, Hermann und Dorothea** und dem ,,Goodnatured Man** inso-
fern, als Dorothea bei Goethe und Young Honeywood bei
Goldsmith ihre Liebe erst bekennen, nachdem sie sich ent-
schlossen haben, ihr zu entsagen. Eine ähnliche Entlehnung
aus dem „Vicar'* findet sich im letzten Buch von ,, Wilhelm
Meisters Lehrjahren*' Kap. 7 ; Wilhelm und Natalie verraten
ihre Liebe zu einander, wie Sophie ihre Liebe zu Sir William
Thornhill, als ihnen ein anderer Heiratsplan vorgeschlagen
wird.
Wir haben in Vorstehendem auf die unbedingte Würdigung
hingewiesen, welche Goldsmiths Werke in Herders Kritik
fanden — und in Verbindung damit die dadurch bedingte in-
1) Dichtung und Wahrheit, Buch 19, Loeper S. 95.
— 40 —
direkte, sowie eine direkte Einwirkung dieses englischen Dichters
auf Goethes poetische Gestaltungen hervorgehoben.
Indem wir uns nun zur Besprechung von Vossens Be-
ziehungen zu Goldsmith wenden, finden wir in der „Luise** die
direkten Spuren von Goldsmith. Und da Goethes „Hermann
und Dorothea** auf dem Vorbild der ,, Luise" beruht, so finden
wir in diesem Werk, ausser unmittelbar auf Goldsmith zurück-
gehenden Einwirkungen auch solche, welche ihm durch Ver-
mittlung der „Luise** zugekommen sind.
Schon früh finden sich bei Voss Anklänge an Goldsmith.
Im ,,Bettler'* (1777), wie im ,,Vicar" wird ein Pfarrer seines
Amtes entsetzt; nur geschieht es da aus einem anderen und
zwar sehr naheliegenden Grund; er wird nämlich , »falscher
Meinung angeklagt". Vielleicht ist der schon im Jahre vorher
erschienene ,,Sebaldus Nothanker'* hier von Einfluss gewesen.
Wie der Vikar von Goldsmith, nachdem sein eignes Haus
verbrannt, von seinen Nachbarn mit allem Nötigen versorgt
wird, so ist es hier ein armer Bauer der Gemeinde, der den
Pfarrer in sein Häuschen aufnimmt. Ein kleiner Zug ist offen-
bar aus dem ,,Vicar** entlehnt; als der Vikar ins Gefängnis ge-
bracht werden soll, versuchen seine Pfarrkinder die Gerichts-
diener daran zu verhindern; aber der Vikar bringt sie mit
tadelnden Worten von ihrem Vorhaben ab. Aehnlich empört
sich die Gemeinde im „Bettler** über das Urteil:
„Und als er, falscher Meinung angeklagt.
Durch Schleicher endlich Amt und Brot verlor,
Wie alle flehten, alle jammerten,
Bis Folgsamkeit der Pfarrer selbst gebot.**
Der allgemeine Einfluss Goldsmiths zeigt sich in fast allen
ländlichen Gedichten von Voss, wie zum Beispiel in den
„Idyllen** und in dem „Siebzigsten Geburtstag** (1781). Be-
sonders aber tritt derselbe in der „Luise** (1784), seinem Haupt-
werk, hervor; die behagliche Schilderung des Landlebens und
seiner kleinen Freuden, und des häuslichen Glücks des von
seiner Gemeinde geliebten Pfarrers, das alles ist ganz im Tone
von Goldsmiths ,,Vicar** geschrieben; aber direkt daraus ist
nicht viel entlehnt. Das Fest im Walde, wo Luise der Gesell-
schaft vorsingt, erinnert an die ähnlichen Feste auf der Rasen-
bank, die im „Vicar** beschrieben werden, wo die Kinder Kon-
zerte veranstalten, zuweilen auch die Töchter daran teilnehmen ;
— 41 —
besonders erinnert es aber an jenen „Mittag auf freiem Felde",
der von dem jungen Squire gestört wurde. Sonst ist nur eine
einzige, sehr kleine Uebereinstimmung zu erwähnen, die jedoch
auch Zufall sein könnte. Als der Vikar seinen Sohn ins Leben
hinausschickt, citiert er mit besonderer Hervorhebung den
Spruch „Ich bin jung gewesen, und bin alt geworden; aber
den Gerechten sah ich nie verlassen, oder seinen Samen nach
Brot gehen." Voss legt ihn auch in den Mund des Pfarrers
von Grünau, als er seine Tochter trauen will.
Weniger wichtig, aber doch bemerkenswert in diesem Zu-
sammenhang sind Gleim, Hölty tmd Bürger. Für Gleim ist
der Vicar das Muster eines Theologen:
„Den Theologen willst Du bilden ....
Bild ihn zu keinem Friedrich Mayer,
Bild ihn zu einem Wakefield,
Zum Mann, der Lehr auf Leben gründet
Und immer lieber löst als bindet,
Den, welcher uns und sich betrog."
Hölty hatte, wie er selbst sagt „den grössten Hang zur
ländlichen Poesie", der wohl durch sein Landleben in der
Jugend gestärkt wurde. Wenn daher bei ihm von Goldsmiths
Einfluss keine direkten Nachklänge aufzufinden sind, so ist es
unmöglich nachzuweisen, in wie weit er auf ihn gewirkt hat.
Goldsmiths Einfluss auf Bürger fällt nur in einem seiner
Gedichte in's Auge, in „Des Pfarrers Tochter zu Taubenhain"
(1781), welches die gewöhnliche Geschichte vom treulosen
Junker behandelt. Hier ist die Heldin, wohl in Erinnerung
an Olivie, zur Pfarrerstochter geworden. Die Romanze im
„Vicar" hat Bürger behandelt in „Der Bruder Graurock und
die Pilgerin" (1781); er hat den Stoß aber direkt „Percy's Re-
liques" entnommmen.
Becensionen yon Ooldsmiths Werken.
Unsere Abhandlung würde unvollständig sein, wenn wir
nicht auch der Recensionen, welche Goldsmiths Werke in
Deutschland hervorriefen, Erwähnung thun wollten. Man ge-
winnt dadurch einen interessanten Einblick in das litterarische
Urteil der Zeit, in welchem wir durchgehends einer nur massi-
gen Würdigung der Verdienste Goldsmiths begegnen.
— 42 -
Auffallend ist die Thatsache, dass die euglischen Kritiken
den „Vicar" bei seinem Erscheinen mit Stillschweigen über-
gingen. In Deutschland wurde die erste Ausgabe in zwei Zeit-
schriften recensiert. In den „Göttinger Gelehrten Anzeigen*'
(Stück 82 den 11. Julii 1767) wurde eine kurze Notiz gedruckt
mit einer Analyse des Inhalts. Es fällt auf, dass der Roman
als „die Geschichte der beyden ältesten Töchter des lyand-
priesters" beschrieben wird. Sonst wird keinerlei Kritik beigefügt
ausser der Bemerkung „der Leser dieses Romans wird durch unter-
schiedene, nicht eben gemeine Lagen unterhalten", DieRecen-
sion ist aber interessant, wisil daraus hervorgeht, dass der Humor
des „ Vicars" Eindruck auf den Verfasser gemacht hat ; er citiert
mit sichtbarer Freude die Stelle, wo das Schicksal des jungen
Herrn Thornhill beschrieben wird: „dass er auf dem Fusse
eines Gesellschafters in dem Hause eines Verwandten wohnet,
wo er sehr wohl gelitten ist, und selten an den Nebentisch ge-
setzt wird, ohne nur wenn an der Haupttafel kein Raum ist,
denn sie machen mit ihm keine grossen Umstände. Seine Zeit
wird meistens damit zugebracht, seinen Verwandten, der etwas
schwermütig ist, bei gutem Mute zu erhalten, und das Waldhorn
blasen zu lernen".
Die zweite Recension befindet sich in der „Allgemeinen
Deutschen Bibliothek" 1768, und ist weit eingehender. „Die
Geschichte ist wohl geschrieben, voller Salz und in einem Tone,
der genau zu ihrem Gegenstande passt. Man glaubt den ehr-
würdigen Priester selbst zu hören, der bei seiner anständigen
Ernsthaftigkeit nicht unterlässt munter, und auf eine naive Art,
witzig zu sein. Man wird nicht leicht, um der Geschichte ge-
schwinder zu folgen, eine seiner Ausschweifungen überschlagen.
Nur bei der Entwicklung fällt der Verfasser in das platt-
erzählende: er ist zu sehr mit der Auilösung seines Knotens
beschäftigt, dass er darüber seinen Ton umstimmt. Dem unge-
achtet werden die Leser dieses Buch nicht mit Unzufriedenheit
aus der Hand legen."
Ausserdem erschien eine Recension von der 1769 in der
Sprache des Originals gedruckten Ausgabe des Vicars, die „für
diejenigen" eingerichtet war, „die die englische Sprache lernen
wollen." Der Roman ist also schon beim ersten Erscheinen,
wie noch heutzutage, zur Erlernung der englischen Sprache
gebraucht worden. Der Recensent schreibt voller Begeisterung ;
„Wenig Romaiischreiber haben die K'u'asf ;sa Wierdie^ Ver-
fasser verstanden, aus den geringfügigsten Umständen des
menschlichen Lebens, die wichtigsten Situationen zu ziehen.
Das Privatleben eines Dorfpfarrers ! Wie unwichtig und ein-
förmig wird es nicht Manchem scheinen, und wie vortrefflich
hat doch Oliver Goldsmith, der Verfasser dieses Romans es zu
brauchen gewusst.*'
Von „The Goodnatured Man" erschien in der „Bibliothek
der schönen Wissenschaften und freien Künste" 1768 eine
Recension: „Die Charaktere in dem gutherzigen Manne sind
vortrefiFlich gezeichnet, wohl contrastiret, und sehr schön aus-
geführet". Nach einer kurzen Schilderung der Charaktere sagt
der Recensent: „Diese Personen spielen stets auf einander und
geben dadurch zu solchen launigen Scenen Gelegenheit, als seit
langer Zeit in keinem englischen Lustspiele erschienen sind".
Von Wittenberges Sammlung „einiger der besten Schau-
spiele aus dem Französischen und Englischen", welche, „Sie
lässt sich herab um zu siegen" enthält, sind zwei sehr von
einander abweichende Notizen erschienen; diejenige in der
„Allgemeinen deutschen Bibliothek" Bd. 25, ist sehr günstig
gehalten; sie giebt zuerst den Gang der Handlung und die
Zeichnung der Charaktere kurz an, und schliesst mit der Be-
merkung, das Stück sei „sonst sehr lebhaft, hat viel Interesse,
gut gezeichnete Charaktere und guten Dialog , . . . Uebrigens
geben wir Hr. W. das Lob eines meistens getreuen, und doch
ungezwungenen Uebersetzers. — Ob nur aber die Uebersetzungen
so sehr Not thun, wie er glaubt? . . . ."
Die andere Recension dieser Sammlung erschien in den
„Frankfurter Gelehrten Anzeigen" 1775: „Einige der besten
Schauspiele" citiert der Verfasser aus dem Titel, „und doch
nur ein gutes*'; mit diesem einen guten meint er gewiss
nicht das von Goldsmith, denn er beschreibt es später als ein
„Stück voll Irrungen, worinnen man den Verfasser des „lyand-
priesters*' vergebens wieder zu finden hofft"; und an einer
anderen Stelle erwähnt er: „ . . . . das Einzige, was noch Gold-
smithen verräth, die Feinheiten des Dialogs . . . ." Auch der
Uebersetzer kommt nicht ohne scharfen Tadel davon : „In seiner
Vorrede thut er, als wenn er allein wüsste, was Dialog wäre,
und man kann keinen kraftloseren^ schleppenderen und un-
natürlicheren finden, als den Seinigen. Wahre dramatische
• »t • • • •
Meisterstijdccy'köniieuuii ihren wesentlichern Schönheiten auch
. • - •
von dem grössten Stümper nie ganz verdunkelt werden ....
Wäre es aber möglich, und wären dies hier Meisterstücke, so
würden wir es von Herrn W. behaupten".
Einige Hauptverdienste Goldsmiths sind in diesen Recensionen
hervorgehoben, der Humor, die Charakterzeichnung, der Dialog,
und die Kunst, das alltägliche interessant zu machen; zwei
Punkte aber von denen man erwartet hätte, dass sie dem Kritiker,
insbesondere bei der Beurteilung des „Vicar" ins Auge ge-
fallen wären, sind entweder nur flüchtig, oder gar nicht erwähnt :
die Anmut und Ivcichtigkeit des Stils, die einen der grössten
Reize des Werkes ausmachen, und die Neuheit des Stoffes, die
so viel zu seiner Popularität in Deutschland beitrug.
Wenn wir sehen, welch' liebevolle Aufnahme der „Vicar"
im fremden lyande fand, wie er, vom deutschen Volksbewusst-
sein gehegt und bewundert, sich zu neuem Leben entwickelte,
so ist das Werk wohl einer Blume zu vergleichen, welche aus
der Heimet in's Ausland verpflanzt, trotz ungewohntem Boden,
unter der Hut sorgsamer Gärtner sich allmählich zu neuer Blüte
entfaltet.
Lebenslauf.
Geboren wurde ich, Hertha Beatrice Coryn SoUas,
Tochter von William Johnson Sollas und Helen, geb. Coryn, am
29. August 1875 in Cambridge. Nachdem ich vier Jahre die
Alexandra-Schule und fünf Jahre das Alexandra College in Dublin
besucht hatte, bezog ich (1897) die Universität Cambridge als
Studentin von Newnham College. Nach dreijährigem Studium
bestand ich die höhere Abgangsprüfung für Germanistik (Medieval
and Modern Languages Tripos, German and Germanic Sections)
im Jahre 1900, und setzte fünf Semester lang meine Studien in
Heidelberg weiter fort. Vorlesungen hörte ich in Cambridge bei
Herrn Dr. Breul, in Heidelberg bei den Herren Professoren
Braune, Hoops, Neumann und von Waldberg ; allen diesen Herren
fühle ich mich zu ehrerbietigem Dank verpflichtet, besonders aber
Herrn Dr. Breul in Cambridge und Herrn Prof. von Waldberg,
der mir bei vorliegender Arbeit stets mit seinem Rate aufs
freundlichste zur Seite stand. Auch dem Präsidium von Newnham
College möchte ich für die mir durch Verleihung des Marion
Kennedy Studentship (1SK)1 — 1901) geleistete Unterstützung meinen
besten Dank aussprechen.
"•n^i
THIS BOOK IS DXJE ON THE LAST DATE
8TAMFED BELOW
AN INITIAL FINE OF 25 CENTS
WILL BE ASSESSED FOR PAILURE TO RETURN
THIS BOOK ON THE DATE DUE. THE PENALTY
WILL INCREA8E TO SO CENTS ON THE POURTH
DAY AND TO $1.00 ON THE 8EVENTH DAY
OVERDUB.
l^arboJi
RHC^D ID
JI^'UZ 'Sl
wWrff
mm f^
-n-i
4>^*^ '
\ * V «
«^K'C'd: i»D'
-; ^ n ♦,*.'*»'- •" ;■*
-7 Ui AJt
27MAR'60BM
F?EC'D \.r>
MAR 27 mo
_iiftRi
'^{W
4\
{;tP28 'T 6
LD 21-100m-12,'43 (87968)
/•
u
i